Tipps | Texte | Bücher | Filme

18. November 2024

Multikrise

Wort der Woche im SWR Kultur

Eine Entdeckung bei der Suche nach einem Impulswort für eine Schreibwerkstatt: Das Wort der Woche wird jeden Samstagnachmittag um kurz nach 14 Uhr im SWR Kultur vorgestellt, für diese Woche erläutert Annette Klosa-Kückelhaus das Wort „Multikrise“. Im Teaser heißt es: „Seit der Coronapandemie liest oder hört man den Begriff häufiger. Er beschreibt die vielfältigen Bedrohungen, denen der Planet, die Gesellschaft oder wir als Bewohner ausgesetzt sind. Von Kriegen über Klimawandel bis hin zur Wirtschaftskrise. Der Begriff Multi ist aus anderen Zusammenhängen positiv konnotiert. Im Fall der weltweiten Krisen fungiert er als Ausdruck der Potenzierung und der Notwendigkeit, Lösungen auf verschiedenen Ebenen zu finden.“
Die Wörter der Wochen findest du hier.

Schreiben kannst du zum jeweiligen Wort der Woche natürlich auch …


4. November 2024

Morgen: Schreibcafé online

Experimentelles Schreiben nach ungewohnten Regeln

Wenn wir schreiben, befolgen wir Regeln. Das tun wir routiniert, manche Regeln sind uns wahrscheinlich gar nicht (mehr) bewusst. Was aber passiert, wenn wir uns bewusst Regeln setzen, wenn Nomen, das Wort Ich oder alle Zeiten außer Futur I und II tabu sind, wenn jeder Satz aus genau vier Wörtern bestehen oder mit jeweils dem letzten Wort des Satzes davor beginnen muss? Welche Auswirkungen hat das auf unser Schreiben und auf die Texte, die entstehen?
Wir spielen, wir experimentieren, wir generieren neue, unerwartete, erstaunliche Texte. Quasi nebenbei erweitern wir unser schriftsprachliches Handwerkszeug. Im freiwilligen Zwangstun offenbart sich das Potenzielle, die Chance, das Kreative.
Komm einfach hinein in die Videokonferenz!

Wer leitet? Kirsten Alers
Wann?5. November, 18.00 bis 19.30 Uhr
Wie teuer?5 bis 20 Euro (nach Selbsteinschätzung)
Wo?via Zoom. Melde dich bei mir, dann schicke ich den Zugangscode.


28. Oktober 2024

10. Heft ist erschienen!

g wie Grammatik, wie grandios, wie gestalten

Ein Drittel des Weges bin ich gegangen – das 10 Heft meiner Reihe zum Kreativen Schreiben ist erschienen, es befasst sich mit dem Thema Grammatik bzw. macht es schmackhaft. Grammatik und Kreatives Schreiben – im und scheint ein Widerspruch zu stecken. Anhand analysierter Text-Beispiele wird erläutert, wie die sprachlichen Möglichkeiten beim Schreiben auszuschöpfen und Texte tiefer zu verstehen sind mit Kenntnissen grammatischer Strukturen. Gezeigt wird, wie bereits minimale grammatische Veränderungen auf der Sinnebene Wirkung zeitigen. Experimentelle Verfahren laden ein zum spielerischen Erproben und Erfahren des Geschenks, das Sprache uns mit ihrem grammatischen Potenzial macht.
ISBN 978-3-935663-43-4 | 44 Seiten | 10 Euro

Mehr zur Reihe 26+4 findest du auf meiner Website.


30. September 2024

Kettenreaktionen lesbar – jetzt!

Projekt des Vereins Nordhessischer Autorenpreis 2024

22 Wochen Kettenreaktion sind beendet. 176 Schreibende haben von Ende April bis Ende September 2024 acht (!) parallel sich entwickelnde Ketten gestaltet. Das Projektteam des Vereins Nordhessischer Autorenpreis (Carmen Weidemann und ich) durfte jeden Samstag immer schon die Fortsetzungen lesen, um dann die anonymisierten Texte an die jeweils nächste Person in der Kette zu verschicken.
Alle Ketten starteten mit dem gleichen Text als Impuls. Dieser ist entstanden in einer kollektiven Schreibaktion Mitte April, an der sieben Personen beteiligt waren. Die ab dem 22. April Schreibenden hatten nur zwei Regeln zu beachten: Es musste ein Satz aus dem vorherigen Text übernommen und es musste sich auf eine DIN A4-Seite Text beschränkt werden. Ob auch inhaltlich an den Vortext angeknüpft wurde, war freigestellt.
So nun sind acht Ketten gewachsen, die mit Fortsetzungen und Brüchen, mit Prosa und Lyrik, mit Autobiografischem und Experimentellem, mit Themen von Liebe bis Klimawandel Aspekte des derzeitigen Lebens in unseren Breiten wie ein kaleidoskopisches Quodlibet abbilden. In den intertextuell verwobenen Gemeinschaftswerken behalten doch die individuellen Texte ihren je eigenen Wert.
Hier kannst du die Ketten lesen.


2. September 2024

Mehr Bücher

Ein neuer Literaturzirkel in Kaufungen

Seit diesem Quartal kann man jeden ersten Donnerstag im Monat in der Bücherei in Oberkaufungen neue, alte und wiederentdeckte Bücher kennen lernen. Das Team um Büchereileiterin Lea Müller freut sich über Menschen, die neugierig sind auf Lesestoff – Interessierte können aber auch eigene Lieblingsbücher mitbringen und vorstellen.
Die Veranstaltung findet statt in Kooperation mit der Initiative Dorfbuchladen.

Literaturzirkel
Donnerstag, 5. 9., 18.30 bis 20 Uhr
Gemeinde- und Schulbücherei, Niester Straße, Kaufungen
Eintritt frei


29. Juli 2024

Neuer Literaturzirkel in Kaufungen

Kooperation mit dem mobilen Dorfbuchladen

Gemeinsam neue, alte und wiederentdeckte Literatur kennen lernen: Lea Müller und Monika Schönig von der Gemeinde- und Schulbücherei Kaufungen stellen im Literaturzirkel eine Buchauswahl vor und laden dazu ein, auch eigene Lieblingsbücher und Empfehlungen mitzubringen. Dieses neue Angebot findet seit Juli dieses Jahres jeden ersten Donnerstag im Monat statt. Am Donnerstag also sind die Türen der Bibliothek in Oberkaufungen auch am Abend noch geöffnet. Lesebegeisterte oder die, die es werden wollen, können einfach vorbeikommen, ob mit Büchern und Neugier oder ohne Bücher und mit Neugier.

Was:  Literaturzirkel Kaufungen
Wann: Donnerstag, 1. August, 18.30 bis 20.00 Uhr
Wo: Bibliothek Oberkaufungen, Niester Straße
Kontakt: Mail: lesen@dorfbuchladen.de, Tel.: 05605-8021950


22. Juli 2024

Wunsch II

Ein Text als Impuls

Ein Text von mir, Mitte Juli entstanden zur Überschrift „Wunsch II“, möge dich inspirieren – oder du liest ihn (erst einmal) nicht, sondern lässt dich ebenfalls inspirieren von diesem grandiosen Titel.

Wunsch II
Wunsch I war gestern, Wunsch III kommt vielleicht, vielleicht aber, möglich ist das immerhin, jedenfalls wenn ich das Schreiben insofern wirklich und wahrhaftig ernst nehme, als dass ich es als immaterielle Versuchsanordnung betrachte, als Möglichkeit zum Probehandeln, als Visionenentwicklungswerkstatt, als Labor für Zukunftsszenarien, wenn ich das Schreiben also insofern wirklich und wahrhaftig ernst nehme, dann ist das vielleicht bezüglich Wunsch III angebracht, denn sollte sich Wunsch II erfüllen, wäre Wunsch III mit neunzigprozentiger Sicherheit nicht mehr nötig, sollte sich aber Wunsch II, der für heute vorgesehen ist, was ich deutlich spüre, auch wenn ich nicht zu sagen weiß, wer das so vorgesehen hat, wer Wunsch I für gestern und Wunsch II für heute für mich vorgesehen hat, ob es eine Fee war, Amaryllis oder wie Feen eben so heißen, seit sie in Büchern gelandet sind, sollte sich also Wunsch II erfüllen und Wunsch III nicht mehr notwendig sein, dann wäre also heute ein Tag, der mit Fug und Recht (um wessen Fug und um wessen Recht es auch immer gehen mag) ein absoluter Tag zu nennen wäre, der es verdient hätte, als absoluter Tag gekennzeichnet zu werden und in die Annalen einzugehen, in meine Annalen sowieso, aber auch in die der allgemeinen Geschichtsschreibung, denn man stelle sich einmal vor, dass es eine Person geben könnte, in dem Fall, der hier beschrieben wird, also ich, dass es eine Person geben könnte, die am Ende eines Sommertages im Jahr 2024 sagen könnte, sie könne auf Wunsch III verzichten, weil mit der Erfüllung von Wunsch II alles an weiterer Wünscherei sich erübrigt hat, man stelle sich das also einmal vor und überlege dann einfach sehr genau, was denn, um solch einen persönlich absoluten Tag erleben zu dürfen, von dessen Bedeutung es sich ja lebenslang zehren ließe, was denn dann Wunsch II sein müsste, wie Wunsch II beschaffen sein müsste, wie also Wunsch II beschaffen sein müsste, um dieses Erhabene quasi als Belohnung zu bekommen.


8. Juli 2024

Begegnungen mit Buch und Sprache

Kaufungen braucht wieder einen Buchladen

Ende März 2023 hat der Kaufunger Buchladen Terra Cotta seine Türen geschlossen – die Besitzerin war 75 Jahre alt geworden und hatte sich lange vergeblich bemüht, eine buchhändlerische Nachfolge zu finden. Natürlich sprach sich die traurige Tatsache im Ort schon vorher herum – und es bildete sich eine Initiative, die sich dafür einsetzen wollte, dass es möglichst bald wieder einen Buchladen in Kaufungen gibt.
Ich habe mich im Frühjahr 2023 dieser Initiative angeschlossen. Denn, so meine ich (mit vielen anderen in Kaufungen): Ein Buchladen gehört in einer solch großen Gemeinde zum notwendigen Nahversorgungsangebot.
In Kooperation mit der Kasseler Buchhandlung am Bebelplatz und dem Kaufunger Bio-Mitgliederladen MiLa O. organisiert die Initiative DORFBUCHLADEN, dass in Kaufungen Bücher bestellt werden können – seit knapp einem Jahr immerhin das schon wieder. Und hofft, dass die Buchhandlung bald geeignete Räume findet, um eine Filiale eröffnen zu können!
Die Initiative will aber noch mehr: Begegnungen mit Buch und Sprache an verschiedenen Plätzen und in Kooperation mit unterschiedlichen Menschen und Institutionen im Dorf. Sie initiiert z. B. Kneipenabende zu aktuellen Themen im Kaufunger Hof, einen Schnupperkurs in Gewaltfreier Kommunikation oder einen Literaturzirkel in Kooperation mit der Bücherei in Oberkaufungen.
Jetzt ist unser erstes Programm (für die Monate Juli bis September) erschienen. Wir sind froh und stolz!
Am Herbstprogramm werde auch ich mich mit Veranstaltungen beteiligen. U. a. werde ich eine offene Lesebühne organisieren, mehr dazu demnächst. Wenn du die Initiative kennen lernen möchtest und Fragen hast: Im Rahmen des Feierabendmarktes auf dem Brauplatz in Oberkaufungen findest du uns am 25. Juli ab 16 Uhr. Oder du schaust auf die Website.


27. Mai 2024

Kreatives Schreiben studieren?

Studien-Infotag an der Alice Salomon Hochschule Berlin (ASH)

Seit 18 Jahren gibt es den wunderbaren viersemestrigen berufsbegleitenden Masterstudiengang Biografisches und Kreatives Schreiben (BKS). Ich bin nach wie vor sehr glücklich damit, diesen mit gestalten zu können – seit 18 Jahren vertrete ich im BKS die Fächer Schreibgruppenpädagogik und Schreibgruppendynamik. Am Mittwoch, den 29. Mai, stellt der Studiengang sich im Rahmen des allgemeinen ASH-Hochschultags vor:

  • Um 17 Uhr gibt es eine allgemeine Einführung.
  • Um 17.15 Uhr lädt Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson (BKS-Studierende) zu einem Vortrag zum Thema „Kreativität als Widerspruch – Wie ticken die Kreativen?“
  • Ab 18 Uhr beantwortet der Studiengangs-Co-Leiter Guido Rademacher Fragen von Interessierten.
  • Um 19.15 Uhr startet der Workshop Schreibwerkstatt – Resilient mit Kreativem Schreiben mit Verena Simon (BKS-Alumna).
Die Teilnahme-Links sind auf der Website zu finden (unter „zu den Veranstaltungen der Masterstudiengänge)


13. Mai 2024

Mit allen Sinnen

Draußen schreiben im Mai

Es ist schon lange her, dass hier mal ein literarischer Text von mir erschien. Heute lasse ich dich teilhaben an dem, was mich zwar nicht bis in meine Träume, aber bis in meine Texte verfolgt: der wuchernde Giersch in meinem Garten. So viel Salat kann man gar nicht essen … Den folgenden Text habe ich in der Schreibwerkstatt am 2. Mai geschrieben.

Im Mai, vor allem Giersch
Olivgrünbrauner Frostfraß an den Hortensien. Die weißen Blütenblätter der Heckenrose auf der moosigen Wiese neben dem Farn. Löwenzahn, Giersch. Der Hahn, die Spatzen, die Tauben. Eine Amsel. Was sie wohl sagen? Einige meiner Toten schweigen seit Langem. Giersch, Brennnesseln, Giersch. Giersch unter den Rosen mit den seltsam falschen Rosentrieben, Giersch neben der Zitronenmelisse, zwischen den Büschen am Zaun entlang, Giersch unter dem Duftbusch, Giersch neben der Ranunkel. Giersch auch neben den vertrockneten Halmen aus dem letzten Jahr. Und Brennnesseln. Margret schaut einer Krähe nach. Eine erste rote Knospe an der Rose. Das Blau-schwarz der Johannisbeeren hinter meiner Stirn. Der Giersch ruft nach mir. Oder lacht er mich aus? Oder bittet er mich, ihn als Kraut zu sehen, nicht als Unkraut. Charlotte schreibt am blauen Tisch, Christiane am Trampolin. Ob sie über Giersch schreiben? Oder über Brennnesseln oder Löwen¬zahn? Der Löwenzahn muss stehen bleiben bis Dienstag, Yuri braucht Pusteblumen. Und die Schaukel. Und die Sandkiste. Dieses Jahr wird es keine Birnen geben, hat Jan Bade gesagt, hat Antonia gesagt. Antonia sitzt im Halbschatten auf dem Schweinetrog. Vielleicht schreibst sie über Verluste. Über einen Sommer ohne Kirschen, einen Herbst ohne Birnen. Thekla steht mit ihrem sandfarbenen Heft im Hof, zögern, Dorothee sitzt wie letztes Jahr im Strandkorb. Giersch, denke ich, Giersch klingt nach Gier. Kleines lila Geblühe beim Schilf. Ich könnte morgen säen. Wenn es geregnet haben sollte. Das Blühen säen. Eingerissene Stuhllehnen, noch nicht fertig angeschlossene Solarpaneele, Löwenzahn, Brennnesseln, Giersch, Giersch, Giersch – ich sehe, was zu tun ist. Wir wollen mal bei der Wahrheit bleiben, hat Dorothee gesagt. Schonungslos nicht weghören, das Schweigen hören. Insgeheim rufe ich Giersch fressende Schnecken herbei. Insgeheim hoffe ich auf ein gnädiges Ohne, auf sanfte, freundliche Abwesenheiten. Birnen brauche ich nicht unbedingt, denke ich und schäme mich. Werde Blühen auch rund um den Totholzhaufen säen. Und mit dem Giersch einen Kompromiss aushandeln.


11. März 2024

Bildern auf der Spur.

Schreibworkshop zu Privilegien (via Zoom)

Niemand würde sich wohl selbst als rassistisch bezeichnen. Wenn wir uns bei einem rassistischen Gedanken, einer rassistischen Handlung ,erwischen‘, ist uns das sehr unangenehm. Als rassistisch bezeichnet zu werden, ist noch bedrängender. Die erfahrene Schreiblehrerin Kirsten Alers lädt dazu ein, sich schreibend der eigenen (rassistischen) inneren Bilder und Glaubenssätze bewusst zu werden – von denen niemand, egal welcher Herkunft, vollkommen frei ist. Der Weg zu diskriminierungskritischer Empathie soll über die Auseinandersetzung mit unseren Privilegien führen. Im geschützten Raum einer kleinen Gruppe können Denkstrukturen hinterfragt und diversitätsbewusste Blickwinkel entdeckt werden. Der Link (Zoom) wird kurz vor Kursbeginn per Mail verschickt.

Dienstag, 19. März, 18–21 Uhr
Anmeldung: vhs-region-kassel.de | Kursnummer: 241-05461 | Anmeldeschluss: 14. März


19. Februar 2024

Kettenreaktion

Ein kollektives Schreibprojekt

Zum zweiten Mal initiiert der Verein Nordhessischer Autorenpreis e.V. ein literarisches Schreibprojekt, das ohne die Konkurrenzsituation eines Wettbewerbs auskommt:
KETTENREAKTION. Es stellt das Befruchtende durch Texte anderer Personen, das Sich-in-Beziehung-Setzen zu anderen Texten und Schreibenden in den Mittelpunkt: Es wird eine textliche Kettenreaktion stattfinden, zu der prinzipiell eine unbegrenzte Anzahl Schreibender beitragen kann. So entsteht ein intertextuell gewebtes Gemeinschaftswerk, in dem die Stücke der Einzelnen dennoch sichtbar bleiben.
In 22 Wochen vom 22. April bis zum 22. September schreibt jede Woche eine andere Person einen Text, der sich auf einen Text bezieht, den davor jemand anderes verfasst hat. Am Mitwirken Interessierte müssen sich auf eine Schreibwoche festlegen und am Ende dieser Woche ihren Text an den Verein schicken, der ihn dann an die nächste Person zur Fortsetzung der Kettenreaktion weiterleitet.

Eine ausführliche Ausschreibung mit den Bedingungen und Kontaktdaten findet sich HIER.


15. Januar 2024

TABULA RASA

Anagrammatisches Quadrat

Heute fand das Semesterzwischentreffen einer meiner Frauenschreibwerkstätten statt. Jeweils zwischen den Semestern lädt eine der Teilnehmerinnen zu sich nach Hause ein, für zwei Stunden zur üblichen Kurszeit – heute also von 9 bis 11 Uhr. Wir trafen uns bei Nicole O., die ein feines Frühstück vorbereitet und uns im Vorfeld eine Schreibaufgabe gestellt hatte. Jede brachte also einen Text zu Gehör zum von Nicole gewählten Thema TABULA RASA. Nur bei einem Textvortrag, nämlich dem von Christel H., reichte das Hören nicht aus. Ihr Werk rief erstaunte und bewundernde Ausrufe hervor – ich darf ihn hier zeigen, danke, Christel.


25. Dezember 2023

Morgen-Texte

aus dem Schreibimpuls-Adventskalender

Den Bezieher:innen meines virtuellen Schreibimpuls-Adventskalenders habe ich angeboten, dass ich kurze Texte hier posten könnte. Eine hat sich getraut und zwei Texte geschickt, danke, liebe Helga C.

Impuls vom 14. 12.: Montag Ich, Dienstag Ich, Mittwoch Ich, Donnerstag …

Montag: Ich hetzte zu viel
Dienstag: Ich höre zu viel
Mittwoch: Ich organisiere nicht zu viel
Donnerstag: Ich kommuniziere zu wenig
Freitag: Ich spiele gerade richtig
Samstag: Ich denkrede gerade richtig
Sonntag: Ich backe nicht zu viel

Wieviel ich ist zu viel?
Das Du begleitet mein Ich auf seinen Wegen!
Mein Ich ist vielfältig!

Impuls vom 18. 12.: Foto von einem Straßenschild

Freiheit

Freiheit ist ein großes Wort,
mit jedem Kontext, in den es gestellt wird, scheint es zu wachsen.
Demnach gibt es viele Freiheiten,
die meine Gedanken in alle Richtungen ziehen.

Frei-heit(er) ist mehr als die Abwesenheit von Not und Begrenzung.
Frei sein bedeutet, Entwicklungsmöglichkeiten zu haben,
eine freie Fläche, die ich gestalten kann
im Handeln und Denken.

Heiterkeit ist die Begleiterin der Freiheit,
sie folgt ihr in die angstfreien Räume.


4. Dezember 2023

t wie Tagebuch und h wie Handschreiben

Neu-Erscheinungen in der edition kreatives schreiben

Lange habe ich an diesen beiden Heften meiner Reihe 26+4 geschrieben – oder besser gesagt: gedacht. So umfangreich und komplex hatte ich die Themen, als ich sie auswählte, nicht eingeschätzt. Immer wieder entdeckte ich neue Aspekte – insbesondere die Literatur zum Tagebuch ist quasi unüberschaubar. Nun aber sind sie erschienen – in Türkis und Himbeerpink. Bestellungen sind möglich bei mir (per Mail) oder im Buchhandel (der auch vor Verlagsbestellungen nicht scheut).

t wie Tagebuch, wie temporär, wie teilen
Das Tagebuch gibt es nicht. Die Gattung Tagebuch hat sich über zweieinhalbtausend Jahre ausdifferenziert und zeichnet sich durch eine enorme Formenvielfalt aus. Formgebend wirkt vor allem die Funktion, die das Tagebuch(schreiben) für die Verfasser:innen hat.
Schwerpunkte des Heftes: Theorie und Praxis kooperativen Tagebuchschreibens sowie Anregungen zum Verfassen und Gestalten eines kreativen und/oder multimedialen Tagebuchs.
Extra: kommentierte Literaturliste zum Einlegen.
ISBN 978-3-935663-39-7 | 52 Seiten | 11 Euro

h wie Handschreiben, wie hab-selig, wie hantieren
Mit der Hand schreiben? Stehen nicht mit den elektronischen Medien zeitgemäßere und effektivere Möglichkeiten zum Erfassen und Gestalten von Schriftstücken zur Verfügung?
Aus körperlich-leiblichen, neurowissenschaftlichen, kulturellen und emotionalen Erwägungen haben Handschreiben, Handschrift und Handschriftlichkeit auch im 21. Jahrhundert eine hohe individuelle und soziale Bedeutung. Eine Einladung zum kreativ-lustvollen mit dem Experimentieren.
ISBN 978-3-935663-40-3 | 36 Seiten | 9 Euro


27. November 2023

24 Türchen ohne Schokolade

Schreiben im Advent

Demnächst beginnt die Adventszeit. Jeden Morgen ein Türchen im Adventskalender öffnen zu können – das erfreut auch Erwachsenenherzen. Und was könnte es Besseres geben als eine tägliche Wartezeitversüßung mit kreativen Schreibimpulsen?! Schreiben macht Spaß, führt in die Weite und in die Tiefe, aktiviert unsere Lebensenergien, drängt das Gefühl des Wartens in den Hintergrund. Hier setzt die Idee des Adventskalenders mit 24 virtuellen Türchen an. Jeden Morgen verschicke ich per Mail einen einfachen, manchmal gar minimalistischen Schreibimpuls. Das Schreiben gestalten die Teilnehmenden selbst – ob mit oder ohne Schokolade.
Es besteht die Möglichkeit, einmal in der Woche einen kurzen Text als Gastbeitrag auf dem Blog der Kursleiterin zu veröffentlichen. Vorkenntnisse im Schreiben sind nicht erforderlich. Teilnehmende benötigen ein internetfähiges Gerät (Computer, Tablet, Smartphone etc.) zum Empfangen der täglichen Mails.

Termine1. 12. bis 24. 12.; tägliche Mails vor 9 Uhr
Ortam eigenen Wohnort und im virtuellen Raum
Veranstalterin/Anmeldung vhs-region-kassel.de, Kursnummer: 232-05457
Kosten48 Euro

6. November 2023

Neues, Unerwartetes, Erstaunliches

Ein Abend mit OuLiPo

Wenn wir schreiben, befolgen wir Regeln. Das tun wir routiniert, manche Regeln sind uns wahrscheinlich gar nicht (mehr) bewusst. Was aber passiert, wenn wir uns bewusst Regeln setzen, wenn z. B. der Vokal A oder Verben tabu sind, was, wenn jeder Satz aus genau vier Wörtern bestehen oder mit jeweils dem letzten Wort des Satzes davor beginnen muss? Welche Auswirkungen hat das auf unser Schreiben und auf die Texte, die entstehen?
Im Workshop folgen wir einigen der Verfahrensvereinbarungen der Gruppe OuLiPo (Abkürzung für: Ouvroir de Littérature Potentielle – Werkstatt für mögliche Literatur). Wir spielen, wir experimentieren, wir generieren neue, unerwartete, erstaunliche Texte. Quasi nebenbei erweitern wir unser schriftsprachliches Handwerkszeug. Im freiwilligen Zwangstun offenbart sich das Potenzielle, die Chance, das Kreative.
Der Abend ist ein Angebot des Berliner Schreibcafés und findet statt in Kooperation mit der Alice-Salomon-Hochschule Berlin.

  • Leitung: Kirsten Alers
    Termin: Dienstag, 7. 11., 18.00 bis 19.30 Uhr, via Zoom (Link bei Kirsten Alers erbitten)
    Kosten: 3 bis 10 Euro (Bankverbindung wird mit Link verschickt)


2. Oktober 2023

Von Hühnerdraht und 87 Frühlingen

Lesung der Schreibwerkstatt 3+

Seit vielen Jahren und mit sagenhafter Kontinuität findet die Schreibwerkstatt 3+ in der Werkstatt Kassel statt. Jeden zweiten Donnerstag tauchen ca. zehn Teilnehmer:innen in die Welt des Kreativen Schreibens ein. Nun öffnen die Autorinnen und der Autor ihre Kladden, Ordner und Lose¬blattsammlungen und lassen an ihren Prozessen teilhaben. Gelesen werden Geschichten, Verdichtetes, Experimentelles – alles im Rahmen der Schreibwerkstatt entstanden. Während des literarisch äußerst abwechslungsreichen Nachmittags gibt es auch Einblicke in die Methoden des Kreativen Schreibens der Schreibwerkstatt 3+, die leider auch schon für das nächste Semester voll ausgebucht ist.

Dienstag, 3. Oktober 2023, 16 Uhr
Werkstatt Kassel, Friedrich-Ebert-Straße 175
Eintritt frei
Es lesen: Kirsten Alers, Annette Dyes, Angelika Eberlein-Fleck, Mimi Krajczy, Melanie Lemke, Sigrid Marienfeld, Monika Schäfer und Carmen Weidemann.


18. September 2023

Wir Kinder von Hoy

Leseempfehlung aus der Sommerlektüre

Hoyerswerda – einst DDR-Musterstadt, in der morgens die Eltern in Schichtbussen davonrollten und die Kinder in einem Kollektiv aufwuchsen - erlangte durch die rassistischen Ausschreitungen 1991 traurige Berühmtheit. In ihrem dokumentarischen Roman verschränkt Grit Lemke die Stimmen der Kinder von Hoy zu einer mitreißenden Oral History und gibt einer Generation Gehör, für die Traum und Trauma dicht beieinanderlagen. Sie versammelt Gespräche mit Freunden und Familie und erzählt von ihrem eigenen Leben als Teil einer proletarischen Boheme um Gerhard Gundermann, die sich nachts im Kellerclub trifft und tagsüber malocht. Als nach der Wiedervereinigung Neonazis das erste Pogrom der Nachkriegszeit verüben, bleibt die Kulturszene tatenlos. Danach ist nichts mehr, wie es war …
Der Werbetext des Verlags bringt es auf den Punkt: Wir Kinder von Hoy ist wirklich mitreißend und öffnet Blicke ins Innere der DDR-Entwicklung, ins Innere eines Ortes und ins Innere der ehemaligen Kinder. Ich habe das Buch auf einer langen Zugfahrt mit verschiedenen Regionalzügen fast komplett verschlungen – obwohl es sich nicht locker runterliest, verwebt die Autorin doch durch das ganze Buch hindurch Interview-, historische und persönliche Erzählungssequnezen ineinander. Dass die DDR nicht nur Stasi und Mauer war, dass es sozialistische und feministische Hoffnung, Zukunftsenergie und Kinderglück gab – Grit Lemke hat mit ihrem Roman einen Beitrag zu einem komplexeren DDR-Bild geleistet.

Grit Lemke: Wir Kinder von Hoy. Freiheit, Glück und Terror. Suhrkamp Taschenbuch, 2. Auflage, Berlin 2023


4. September 2023

Vielfalt ist kein Modetrend

Preis für Diversität im Kinder- und Jugendbuch

Erstmalig wird am 10. September im Rahmen eines Symposiums Der Vielfalter verliehen, ein einzigartiger Preis im Segment Kinder- und Jugendbuch.
„Die Geschichten, die wir uns erzählen, prägen unseren Blick auf die Welt. Und wir sind eine diverse Gesellschaft. Daher wollen wir mit dem Vielfalter-Symposium und dem Vielfalter-Literaturpreis Geschichten stärken, die Erfahrungswelten unterschiedlichster junger Leser:innen spiegeln und die ihnen authentische Einblicke in noch Unbekanntes ermöglichen. […] Mit dem Vielfalter-Literaturpreis werden Autor:innen und Illustrator:innen ausgezeichnet, die in ihren Werken vielfältigen Figuren eine Stimme geben und mit Tiefgang die Diversität unserer Gesellschaft zeigen“, so die Initiator:innen des Preises vom Literaturhaus Kassel.
Das Symposium beginnt am 9. September um 17 Uhr mit Shortlist-Lesungen. Weiter geht es am 10. September um 11 Uhr: Nach der Begrüßung gibt es einen Impulsvortrag, eine Podiumsdiskussion und schließlich um 15 Uhr die Preisverleihung. Das alles findet statt am neuen Standort des Literaturhauses im Palais Bellevue, Schöne Aussicht 2, 34117 Kassel. Eintritt: 5/3 Euro.
Mehr Informationen sind hier zu finden. Und zu den Nominierten hier.
Um Anmeldung wird gebeten unter: symposium@vielfalter-literaturpreis.de


24. Juli 2023

Grenzüberschreitungen

Einfach mal die Welt abreiben

Gestern hat die Kurswoche „Grenzüberschreitungen – Kreatives Schreiben und künstlerisches Gestalten“ begonnen, die ich dieses Jahr zum siebten Mal leite – mit einer neuen Kollegin, der Kunsttherapeutin Barbara Sturm im Leitungstandem.
Und schon seit Minute 1 sind wir freudvoll mittendrin im Tun. Im Zentrum des Gestaltens stehen Frottagen, mit denen wir uns dem Ort, an dem der Kurs stattfindet, annähern. Es ist ja mein Platz, an dem ich lebe – und durch mein eigenes Tun und die Frottagen der Teilnehmerinnen sehe auch ich diesen Platz mit neuen Augen. Abgerieben wurden zunächst mit Bleistift, später auch mit Wachskreide neben den naheliegenden Strukturen wie Sandssteinmauern und Fachwerkbalken auch Tennisschlägerbespannungen, Mülleimeraufdrucke, Fahrradreifenprofile, Rauputz, Skateboardoberflächen und Stuhlstoffbespannungen. Selbst das Betonpflaster bekommt einen gewissen Charme.
Weiterbearbeitet werden die Frottagen mit Graphitpulver und Farben. Außerdem collagierten wir Texte hinein – die natürlich auch entstehen in dieser Woche.
Wenn du magst, mach selbst einmal Frottagen, weiche Bleistifte sind gut geeignet, mit Verstärkung durch Wachskreiden kommen die erhabenen Strukturen besonders gut zum Vorschein. Als Papier eignet sich ganz einfaches 80 Gramm-Druckerpapier.


15. Mai 2023

Neues (virtuelles) Angebot

Am eigenen Schreibprojekt arbeiten

Manchmal stockt ein Schreibvorhaben, am Anfang, in der Mitte, zum Ende hin … Und du schaffst es nicht, dich hinzusetzen und es anzugehen, das Projekt oder das Stocken oder beide. Wenn du schon einmal in einer Gruppe geschrieben hast, dann weißt du es: Das Wissen, dass auch Andere an ihren Projekten schreiben, beflügelt.
Das ist die Idee der Focus Sessions: Du kommst mit einer Frage, einer ersten Idee, einem Absatz oder einer anderen kleinen Aufgabe (bezogen auf dein Schreibprojekt) in eine oder mehrere Sessions, um fokussiert eine oder eben mehrere Stunden an deinem Projekt zu arbeiten. Wir treffen uns zu Beginn der jeweiligen Session 10 Minuten für zur Einstimmung, und dann schreibt jede:r für sich allein – und gedanklich eben doch in Gesellschaft. Melde dich einfach für den Fokus-Tag an – ob du dann an einer oder an mehreren Sessions teilnimmst, wird sich im Prozess ergeben. (Ein Austausch zu den Texten sowie Feedback ist in diesem Format nicht vorgesehen.)

TerminSamstag, 17. Juni
Sessions11–12 Uhr | 12.30–13.30 Uhr | 14.30–15.30 Uhr | 16–17 Uhr
Austausch mit allen    17–17.30 Uhr
Ortvirtuell (Zoom-Konferenz) und am eigenen Schreib-Platz
Kosten15–25 € (nach Selbsteinschätzung)
Anmeldung  ab sofort per Mail


1. Mai 2023

Schnipseln

Eine Entdeckung

Eigentlich war ich auf der Suche nach Literatur zum Begriff friendly feedback, der aus dem Umfeld des writers‘ studio in Wien an mein Ohr geriet. Eine Quelle dazu konnte ich leider nicht finden, dafür fand ich aber den Hinweis auf ein meine Sammel-, Klebe- und Wortfügungsleidenschaft beflügelndes Buch: Schnipseln heißt es. Und um Schnipseln geht es. Um das Texten mit aus Zeitschriften, Katalogen und (alten) Büchern ausgeschnittenen Wörtern und Zeilen.
Gut, sagst du, das kenne ich doch seit Ewigkeiten – und nicht zuletzt auch von der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller (z. B.: Die blassen Herren mit den Mokkatassen). Ja, klar, ich auch. Aber hast du schon einmal ein ABCdarium oder Elfchen aus Schnipseln gemacht? Hast du schon mal einen Roman, ein Drehbuch oder ein Bilderbuch-Leporello mit Schnipseln gestaltet? Melanie Mezera hat 30 Schnipsel-Impulse für die individuelle und die Gruppenarbeit zusammengestellt, die alle gut erklärt und durch ein sehr ansprechendes Layout überaus anregend sind. Sofort zuckt es in den Fingern, sofort ist in mir eine Idee für ein längerfristiges Schnipsel-Projekt entstanden …

Mezera, Melanie (2023): Schnipseln. Die kreative Kraft des geborgten Wortes, 2. Auflage. Wien: punktgenau


24. April 2023

Gefangenen-Lipogramm

Ein oulipotisches Geschenk

Vor zwei Wochen bekam ich einen Text von meiner Dresdener Kollegin Angelika Weirauch geschenkt.

sommer am asow-meer
neun maenner rennen nass zum zaren, waren zuvor am warmen moor.
anna muss einen rasen naessen, einen mann waermen, zuse vorm ausmessen warnen.
rose muss nurse suse am arm zum rommee zerren.
ein mann war einen vers nennen, ein nomen morsen, eine memo an rose scannen.
wo summen sennen sonor? wo nasen vernommen, rum-ressourcen waren zerronnen.
wonne-wurm arno war nass an wasser-wanne.
wo war waerme am marmor? rom! sonne war nur, wo rom war!
amen.

Allein schon beim Draufschauen ahnt man, dass er mit einem bestimmten Verfahren, nach einer bestimmten Spielregel gemacht wurde. Es handelt sich natürlich um einen Textbeitrag zum Krieg in der Ukraine – und aber eben auch um einen lipogrammatischen Text. Genauer gesagt um einen der Variante Der Gefangene.
Lipogramm oder Leipogramm leitet sich ab vom Altgriechischen leípein = weglassen. In einem lipogrammatischen Text wird ein Buchstabe (oder mehrere) weggelassen. Das Y wegzulassen, ist im Deutschen nicht besonders schwer. Schwerer ist es, einen der häufigsten Buchstaben (oder mehrere davon) wegzulassen. Im Deutschen kommen folgende elf Buchstaben am häufigsten vor (abnehmende Häufigkeit): E N I S R A T D H U L.
Variante Der Gefangene: „Um das seltene Papier zu sparen, will der Gefangene die Linien so eng wie möglich halten. Zu diesem Zweck verwendet er nur die Buchstaben, die die Mittellinie oben oder unten nicht überschreiten. Er hat also noch ein halbes Alphabet. Noch sparsamer ist, dass dieser andere Gefangene sich Buchstaben mit Akzenten und Punkten verbietet“ (Paul Fournal (2010): Le Petit Oulipo). Im Deutschen verbleiben dann die Buchstaben a c e m n o r s u v w x z.
Variante Freier Mensch: Diese contrainte erlaubt ausschließlich (und so frei ist der Mensch dann doch wohl nicht) Buchstaben mit Punkten, Akzenten, Unter- und/oder Oberlängen. Im Deutschen sind das dann die Buchstaben b d f g h i j k l p q t y.
Variante Linke Hand: Es werden nur die Buchstaben und Zeichen auf der linken Seite der Tastatur benutzt (Harry Mathews & Alastair Brotchie (Hg.) (2005): OULIPO COMPENDIUM).

In meiner Reihe 26+4 ist im November 2022 ein Heft mit 55 oulipotischen Verfahren samt Varianten erscheinen:
o wie OuLiPo, wie optional, wie ohne
72 Seiten Broschur | 12 Euro | ISBN 978-3-935663-36-6
Bestellungen bei Kirsten Alers direkt oder im Buchhandel.


13. März 2023

u wie umbildern, wie Ur(sch)lamm, wie unkonventionell

Fünftes Heft der Reihe 26+4 erschienen

Schneller als gedacht erscheint das fünfte Heft meiner Reihe. Es war aber auch lange in der Werkstatt, dieses Heft, seine Argumentationslinie vor allem, brauchte einige Denkschleifen und Korrekturläufe mehr als die anderen vier – zum mich sehr zufriedenstellenden Ergebnis beigetragen haben auch meine drei Vorableserinnen Nadja D., Marion K. und Mira S. Durch sie konnte ich einmal mehr erkennen, wie wichtig der frische, erwartungslose, staunende und kritische Blick von außen ist.

Klappentext: Nicht so zu schreiben wie alle Welt, frische, unverbrauchte literarische Bilder sowie einen eigen(sinnig)en Ausdruck zu finden – das wünschen sich wohl alle Schreibenden. Erläutert wird das Modell des unkonventionellen Schreibens. Gefragt wird nach dem GEMACHTSEIN, dem BEWUSSTEN Machen und dem bewussten ABWEICHEN. Vorgestellt werden neben Beispielen aus der Literatur anregende Verfahren, mit denen Anfänger:innen wie geübte Schreibende unkonventionelle, das Eigen(sinnig)e zum Ausdruck bringende literarische Bilder und Texte kreieren können. Einleitende Gedanken zur Reihe 26+4 findest du hier.


6. März 2023

8. März

Internationaler Frauentag

1910 schlug die Sozialistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin während des II. Kongresses der Sozialistischen Internationale in Kopenhagen vor, einen Frauentag einzuführen und ihn jährlich zu feiern. Zum ersten Mal wurde er mit Demonstrationen 1911 begangen, auch in Deutschland. Seit 1921 ist der Internationale Frauentag auch ein Aktionstag gegen den Krieg. In Deutschland ist der 8. März in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ein Feiertag!
Für Frauen*-Rechte sich einzusetzen, ist leider auch mehr als 120 Jahre nach Einführung des Feier- und Kampftages noch notwendig, in Deutschland und überall. In jeder Stadt finden am 8. März Demonastrationen und Events unterschiedlichster Veranstalterinnen aus der frauen*bewegten Zivilgesellschaft statt. Schau mal nach, wo es in deiner Stadt Interessantes zu entdecken, zu lernen, abzulehnen und einzufordern gibt – am 8. März und auch an allen anderen Tagen.
Am Frauentag selbst lädt beispielsweise das Kasseler Frauenbündnis dazu ein, sich gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft ohne Armut, Ausbeutung, Diskriminierung, Unterdrückung und Gewalt stark zu machen. Von 14.30 bis 17.00 Uhr gibt es dazu im Bereich Opernplatz/Friedrichsplatz Informationsstände und Redebeiträge zu aktuellen frauenpolitischen Themen. Mehr zur Veranstaltungsreihe rund um den 8. März in Kassel findest du hier.


30. Januar 2023

s wie Silbchen, wie siebzehn, wie sabi

Viertes Heft der Reihe 26+4 erscheint am 1. Februar

Ich liebe es, Haikus zu schreiben, ich liebe es, Texte mit einsilbigen Wörtern zu schreiben, ich liebe es, das Grundmaterial der Sprache schreibkreativ in den Blick zu nehmen. Wie beispielsweise Silben. Und was ich liebe, will ich gern mit Anderen teilen. So ist das vierte Heft meiner Reihe zum Kreativen Schreiben – 26+4 – den Silben gewidmet. Es erscheint am 1. Februar und ist für 9 Euro über den Buchhandel oder auch direkt bei mir zu beziehen.

Klappentext: Silben nehmen in allen Sprachen eine wichtige Funktion ein – wenn auch eine unterschiedliche. Schreibpädagog:innen und andere Sprachinteressierte erfahren, wie auf spielerische, poetische oder meditative Weise die Spracheinheit Silbe in den Mittelpunkt des schriftsprachlichen Gestaltens gestellt werden kann. Genauer betrachtet wird das japanische Haiku, seine Form, seine philosophische Tradition und wie es gelingt, in einen meditativen Haiku-Schreibmodus zu kommen. Einleitende Gedanken zur Reihe 26+4 findest du hier.


19. Dezember 2022

Gastbeitrag von Katrin S.

Texte aus dem Schreibimpuls-Adventskalender

Zum dritten Mal öffnet sich seit dem 1. Dezember und noch bis zum 24. Täglich ein Türchen im Schreibimpulsadventskalender. In diesem Jahr nutzen wieder nahezu 20 Schreiberinnen die Impulse für ein kurzes (oder längeres) tägliches Schreiben. Eine von ihnen hat mir zwei Texte geschickt, die ich gern mit meinen Leser:innen teile. Danke, Katrin, für deine kraftvollen und inspirierenden Texte.

Türchen 5: Fege jemandes Regenbogen (und deinen)
Wenn ich den Staub des Alltags wegwische
Sehe ich dein Rot
Dein Feuer
Dein orangenes Leuchten
Deine helle goldgelbe Freude
Die Musik in dir
Deine grünen Hoffnungen
Und die türkisblaue Sehnsucht
Den weiten Himmel über dir
Und Meeresrauschen
Die nachtblauen Träume
Voller Küsse und zarter Fingerspitzenpfade
Und die violette Magie des Knisterns zwischen uns

Türchen 18: Freiheit
Für Freiheit
Bitte dahinten anstellen
Ziehen Sie eine Nummer
Und warten Sie, bis Sie aufgerufen werden
Das hier bitte schon mal ausfüllen
Frage 1: Was möchten Sie?
Frage 2: Was sind Sie bereit, dafür loszulassen?


21. November 2022

Unbedingt lesen!

Meine Jahreslektüre: eine Auswahl

Romane und Kurzprosa lese ich im Verhältnis zu Fachbüchern und -aufsätzen wenige. Zehn Romane vielleicht im Jahr … Ich läse gern mehr. Oder eher: Ich hätte gern mehr gelesen. Und immer hätte ich gern anders gelesen. Ich lese Prosa fast ausschließlich abends. Erlaube mir nicht, die Arbeitszeit am Vormittag mit der Lektüre eines Romans zu beginnen. Obwohl ich die Prosa, die ich lese, nach beruflichen Gesichtspunkten auswähle, weil ich Literaturbeispiele aus den jeweils aktuell besprochenen Werken auch immer Teil meiner Schreibwerkstätten sein lasse.
So also will ich, da das Jahr zuende geht und auch die Überlegungen für Buchgeschenke zu Weihnachten sicherlich bald starten, etwas von meiner Jahreslektüre empfehlen. Ich empfehle vier Bücher von Frauen und eins von einer sich als non-binär definierenden Person, weil ich den Büchern und ihren Autor:innen mehr Leser:innen wünsche, denn alle zeigen sie inhaltlich und sprachlich meister:inhaft – wenn man eine Gemeinsamkeit ausmachen möchte –, wie es ausshen könnte, sich aus einer marginalisierten oder anders gebrochenen Position heraus in der deutschen Gegenwart der Zwanzigerjahre zu verorten:

Aydemir, Fatma: Dschinns, Roman. Hanser (Shortlist Deutscher Buchpreis 2022)
Bánk, Zsuzsa: Schlafen werden wir später, Roman. S. Fischer
Bilkau, Kristine: Nebenan, Roman. Luchterhand (Shortlist Deutscher Buchpreis 2022)
de l’Horizon, Kim: Blutbuch, Roman. DuMont (Deutscher Buchpreis 2022)
Othmann, Ronya: Die Sommer, Roman. Hanser


31. Oktober 2022

o … wie OuLiPo, wie optional, wie ohne

Neues Heft der Reihe 26+4 erscheint am 1. November

Welchen Nutzen sollte es haben, Texte zu schreiben, in denen jedes Wort mit M beginnt, alle Wörter aus nur einer Silbe bestehen oder Verben verboten sind? Schreibende und Schreibpädagog:innen erfahren, welch zauberhaft kreativ-produktive Kraft sich entfalten kann, lassen wir uns ein auf das Schreiben nach den Verfahren (contraintes), die die Mitglieder von OuLiPo – der Werkstatt für potenzielle Literatur – seit 1960 ersinnen. Hier beschrieben werden 55 contraintes mit zahlreichen Varianten.
Dieses Heft ist zugleich Heft 3 einer Reihe, die am Ende aus 30 Heften bestehen wird. Es geht in jedem der 30 Hefte um jeweils einen Einzelaspekt des Kreativen Schreibens und wie ich diesen begreife, lehre und schreibkreativ untersuche. Einleitende Gedanken zur Reihe 26+4 finden Sie hier.

72 Seiten Broschur | 12 Euro | ISBN 978-3-935663-36-6 Bestellungen bei Kirsten Alers direkt oder im Buchhandel.


3. Oktober 2022

Raum auf Zeit in Wolfhagen

Kreatives Wortwandeln mit Ellen Volkhardt

Die Buchhandlung Mander in Wolfhagen (Landkreis Kassel) stellt hin und wieder einen an die Buchhandlung angrenzenden Raum für Künster:innen und Kreative zur Verfügung, so wie dieses Jahr im Oktober meiner Kollegin Ellen Volkhardt.
Ellen Volkhardt hat das Konzept der Wortwandelwege erdacht und führt dieses seit Jahren insbesondere in therapeutischen und rehabilitatorischen Settings durch. Im Oktober nun lädt sie ein zum freien kreativ-gestaltenden Wortwandeln mit Papier, Stifte, Schere und Kleber.
Am Dienstag, den 4. 10., geht es los. Montags bis freitags gibt Ellen Volkhardt Schreib- und Wortwandelimpulse von 11 bis 13 und von 15 bis 17 Uhr (außer 4. und 28. 10.). Jede zweistündige Einheit kostet 7 Euro pro Person (ggf. zzgl. Materialkosten).

Raum auf Zeit mit Ellen Volkhardt
in der Buchhandlung Mander
Schützeberger Straße 29, 34466 Wolfhagen
Info und Anmeldung: 0151-73001218
ellen-volkhardt-verlag.de


12. September 2022

Jedes Jahr im Herbst

Online-Schreibwerkstatt

Seit elf Jahren biete ich jedes Jahr im Herbst eine Online-Schreibwerkstatt an. Ich schicke Impulse, und in Paaren geben die Teilnehmenden sich Feedback. Am Freitag, den 16. 9., beginnt also nun der 12. Kurs, in dem es noch freie Plätze gibt. Hier Ausschreibung und Anmeldedaten:

Sie möchten oder können nur zuhause an Ihrem Schreibtisch schreiben? Das soll sich auch nicht ändern, aber drei Monate lang werden Sie digitalen Besuch der Schreiblehrerin erhalten! Vierzehntägig freitags erhalten die Schreibwerkenden per Mail zwei ausführlich beschriebene Schreib-Anregungen. Das Schreiben organisiert jede/r für sich. Nach jeweils einer Woche werden die entstandenen Texte an eine/n für die Dauer der Werkstatt feste/n Partner/in für ein Feedback zugeschickt. Am Ende der Schreibperiode gibt die Dozentin jeder/m Teilnehmenden Feedback auf einen ausgewählten Text.

Kosten: 64 € |  Anmeldung


22. August 2022

Verwerfungen mit Spielbällen

Ein lesenswerter Südtirol-Roman

Beim Aufräumen auf meinem Nachttisch fand ich Bücher, die dort schon seit Ewigkeiten zu liegen schienen, die Cover waren bereits sonnengebleicht dort, wo sie unten den über ihnen liegenden und ebenfalls seit Ewigkeiten nicht bewegten Büchern nicht verdeckt worden waren. Einige der ewig Liegenden entsorgte ich in der Zu-verschenken-Kiste, einige ordnete ich einfach ins Bücherregal ein – wie etwa ein Buch von Wolf Haas, das ich meine, schon dreimal angefangen zu haben, weil es mir aber von jemandem mir Wichtigen empfohlen worden war …
Ein paar Bücher blieben liegen, eins begann ich zu lesen und las es (wieder einmal nach einigen Durststrecken-Monaten ohne Rausch-Bücher erging es mir so) wie im Rausch. Das lag natürlich an der Geschichte und am Erzählstil, aber auch daran, dass ich plötzlich eine familiäre Seltsamkeit einordnen konnte, die mich als junge Jugendliche irritiert und die ich dann vergessen hatte.
Francesca Melandris Roman Eva schläft (2. Auflage, Wagenbach, Berlin 2018) spielt in Südtirol. Die Autorin erzählt eine Familiengeschichte im 20. Jahrhundert, die aufs Engste mit Südtirol (seit 1918 zu Italien gehörend) und dem Konflikt mit der Republik Italien vor allem zu Zeiten des deutschen und italienischen Faschismus und der Nachkriegszeit verbunden ist. Sie erzählt, wie eine Familie von Generation zu Generation bis in die 1990er Jahre zerrieben wird durch die soziokulturellen und politischen Konflikte, die in ihrer Heimat ausgetragen werden.
Meine Familie mütterlicherseits stammt nicht aus Südtirol, sondern aus der Lüneburger Heide – aber mein Opa hatte Freunde in Südtirol, und er sprach von ihnen, als wären sie Deutsche. Er engagierte sich vor, während und nach der NS-Zeit für deutsches Volkstum im Ausland, meine Mutter erzählt das, als könne man stolz darauf sein, mich gruselt schon der Begriff … Mich zur Südtirol-Thematik zu positionieren, traue und mute ich mir nicht zu – aber Francesca Melandri, die 15 Jahre in Südtirol gelebt hat, macht das auf eine wunderbar undogmatische und differenzierende Weise in ihrer Erzählung eines Mädchens ohne Vater in einer Provinz ohne Vaterland – so steht es auf dem Klappentext, auch hier ein kleiner Gruselschauer meinen Rücken hinunter, aber das Buch ist wirklich lesenswert!


8. August 2022

Ab nach Kassel

Schreiben auf/zu/in der documenta fifteen

Halbzeit – und ich habe längst noch nicht alles gesehen, macht ja nichts, dafür habe ich einiges schon mehrfach gesehen und vertextet. Und immer wenn ich das tue, sehe ich anders, verstehe ich wenigstens ansatzweise, finde ich einen Zugang, vertiefe, verfeinere meine Wahrnehmung. Keine neue Erkenntnis – aber immer wieder eine erstaunliche (ich neige dazu zu sagen: neue) Erfahrung.
Am 12. und am 25. Juli zum Beispiel war ich im Hübner-Areal in Kassel-Bettenhausen, einer der zahlreichen documenta-Ausstellungsorte und ausgesprochen reich – ,natürlich‘ mit Stift und Papier. Hier ein paar Kostproben meiner 2-Minuten-Schnapptexte:

Film (Fondation Festival sur le Niger): Jedes Kindchen, das auf den hölzernen Pferden reitet, ist gefeit vor Unglück. Jedes Kindchen, das gefeit ist vor Unglück, brich auf in ein genügsames Leben. Jedes Kindchen, das in ein genügsames Leben aufbricht, singt und tanzt und schüttelt die Rassel. Jedes Kindchen, das singt und tanzt und die Rassel schüttelt, versteht es, mit seinem Dämon zu sprechen.

Objekt atmende Erde (Patil): Ich sehe etwas atmen, Erde, die atmet, jemand schläft in der Erde und atmet, ich sehe die 30 Millionen, wie sie atmen, wie sie geboren werden und atmen, atmen, wie sie sterben, ich sehe und bin doch blind, blind wie eh und je und bis bis bis – das Atmen wird weiterleben, einfach

Film Smashing Monument (Ruangrupa): Okay, that’s all, let’s meet at a place, let’s collect some wood from the forest, let’s collect together, let’s meet at a place, let’s feed the fire, let’s go, let’s meet at a place and feed the fire with all, we’ve found, let’s meet, be careful, when you cross the street, let’s run through the rain, let’s run, let’s go and meet, you, yes, you too, with your blue shoes, follow the permission …

Objekt Moon Dog: Tagebuch eines Moon Dogs, 25. 7. 2022. Uahhh, ausgedient, ausgedient, kiloweise ausgedient, ich höre: kiloweise zu verbrennen, zu verschrotten, ausgedient, Freundlichkeit ausgedient, Größe ausgedient, uahhh, so also, aha, warte nur, warte, balde, balde ruhest auch du, warte nur …


18. Juli 2022

„Als ich zum ersten Mal …“

Schreibwettbewerb der Zeitschrift SchreibRÄUME

Als ich die SchreibRÄUME aufschlug und las „Als ich zum ersten Mal …“, ging das Kopfkino los und hörte erst einmal gar nicht wieder auf. Das ist mal ein guter Anfang – ich könnte also schreiben, schreiben, schreiben – vom ersten Verliebtsein natürlich, aber auch von der ersten Ratte, dem ersten Nicht-Lächeln, der ersten Veröffentlichung. Und erinnernd weiterschreiben. Und eine Überarbeitung vornehmen – und dann den Text einsenden, zum Schreibwettbewerb der Zeitschrift SchreibRÄUME.
In der Ausschreibung heißt es: „Für die Entwicklung unserer Identität spielen sogenannte Pioniererfahrungen eine große Rolle. Wir alle haben eine Fülle kostbarer erster Male in unseren Erinnerungs-Schatztruhen: Premieren wie den ersten Schultag, die erste Wohnung, das erste Mal am Meer, das erste Mal auf einer Bühne, den ersten Kuss, die erste Lüge, die erste Trennung.“
Angenommen werden Kurzgeschichten, Flash Fiction, Autofiktion, Kurzmemoirs, Life Writing-Texte, Miniaturen, Personal Essays, Lyrikformen etc. Drei Preise werden vergeben: 300, 200, 100 Euro. Die Texte dürfen eine Länge von 10.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) nicht überschreiten. Einsendeschluss ist der 31. 1. 2023. Beizulegen ist eine Kurzvita mit maximal 500 Zeichen. Die Texte müssen unveröffentlicht sein.
Einsendungen an: wettbewerb@schreibraeume-magazin.at


11. Juli 2022

Ungehaltene Frauen und …

… ihre bisher ungehaltenen Reden

Gern unterstütze ich den Schreibwettbewerb: Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen. Zum zweiten Mal lobt die in Kassel ansässige Brückner-Kühner-Stiftung diesen Wettbewerb aus, der sich am gleichlautenden Buchtitel der Kasseler Autorin Christine Brückner ausrichtet. „Wir laden alle Frauen ein, sich mit einer ungehaltenen Rede zu bewerben, um als eine von sechs Rednerinnen am 10. Dezember 2022, dem Tag der Menschenrechte, im Kasseler Rathaus das Wort ergreifen zu können.“
Die Ausschreibung und die Teilnahmebedingungen findest du hier.
Und das Buch von Christine Brückner ist übrigens nach wie vor eins meiner Allzeitlieblingsbücher!


20. Juni 2022

In Kassel ist Documenta und …

… ein kollektives Tagebuch entsteht

Das Inspirierende des Kollektivgedankens, die nachhaltige Idee von Lumbung, die Aufforderung: Hanging out, telling stories – drei wundervolle Motive der Documenta fifteen, die am Samstag eröffnet wurde. Dieser Sommer ist in der Region Kassel ein Documenta-Sommer, auf den ich mich sehr freue. Nicht nur, weil ich diese 100 Tage Weltkunstausstellung alle fünf Jahre genieße, sondern weil der Sommer ein Schreib-Sommer ist – auf jeden Fall für die 100 Menschen, die mitwirken am kollektiven Documenta-Tagebuch, das seit dem 18. Juni Tag für Tag um einen Eintrag wächst. Menschen zwischen acht und neunzig Jahren aus der Region Kassel und anderen deutschen Landen, aus dem europäischen Ausland und sogar aus Übersee werden im virtuellen Raum zum Schreibkollektiv. Das Tagebuch, initiiert und betreut von mir myself, wächst HIER.


13. Juni 2022

Bild und Text – Text und Bild

Plätze frei in kreativer Sommerkurswoche

Durch Stornierungen sind in der wunderbaren Sommerkurswoche Grenzüberschreitungen (Kreatives Schreiben und künstlerisches Gestalten), die ich zum sechsten Mal mit Yara León anbiete, Plätze frei geworden. Sie findet vom 24. bis 29. Juli täglich von 9.30 bis 16.30 Uhr in Kaufungen statt, sie kostet 400/450 Euro plus 120 Euro Verpflegungskosten.
Am Sonntag und heute haben Yara und ich unser bewährtes vorbereitendes Brainstorming am großen Tisch (dieses Jahr im Garten in Kaufungen, direkt am Kursort) veranstaltet – es war wieder erhebend, wie aus einem mäandernden Gespräch über das, was uns bewegt und reizt, zuerst ein Fokus, sodass Tagesthemen und schließlich konkrete Impulse entstehen und wie sich die Ideen zum Schreiben und die zum Gestalten irgendwo in der Juniluft verschmelzen und verzahnen … Und wie die Lust auf das gemeinsame kreative Tun mit der Gruppe von Minute zu Minute steigt … hier die Ausschreibung:

Wort und Bild: Grenzüberschreitungen (in Kaufungen)
Kirsten Alers (Schreibpädagogin) und Yara Semmler (Diplom-Designerin)
Eine Intensiv-Woche Kreatives Schreiben und Gestalten im Lossetal
24. bis 29. 7. 2022 (So bis Fr, täglich 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr)

Die Umgebung, Kultur und Natur, persönliche Themen – Resonanzen im Inneren werden verarbeitet, es entstehen Prosastücke, Lyrik und experimentelle Texte genauso wie Bildnerisches mit Farben, Pinseln, Stiften, Schere und Kleber. Texte werden gestaltet, Gestaltetes wird vertextet. Grenzüberschreitungen zwischen Wort und Bild führen zu visueller Poesie, Collagen und vielem mehr. Die Kursleiterinnen führen ein in Techniken des Kreativen Schreibens und künstlerischen Gestaltens, leiten an zu grenzüber-schreitendem Arbeiten und begleiten die individuellen Prozesse. Vorhandene Materialien und Werk¬zeuge können mitgebracht werden. AnfängerInnen und Fortgeschrittene sind willkommen.

Ort: Wortwechsel Kaufungen, Raiffeisenstraße 15
Kosten: 400–450 € (nach Selbsteinschätzung) + 120 € (Mittags- und Nachmittagsverpflegung, Getränke); Anreise und Buchung der Unterkunft individuell


9. Mai 2022

Anfangen und Freewriting

Neue Reihe zum Kreativen Schreiben gestartet

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – aber nur, wenn der Anfang sich auch einstellt, materialisiert …“ – so beginnt meine neuste Veröffentlichung zum Kreativen Schreiben. Nach fast drei Jahren Konzipieren, Verwerfen, Recherchieren, Formfindung … sind nun die ersten beiden Hefte meiner Reihe 26+4 in der edition kreatives schreiben erschienen. 30 Hefte sind geplant.

Mit Heft a wie anfangen … geht es – erwartungsgemäß – los. Und auch Heft f wie Freewriting … ist gedruckt. Die anderen 28 Hefte folgen nach und nach. Jedes heißt nach einem der 30 Buchstaben des deutschen Alphabets (26 plus ä, ö, ü und ß). Die Hefte erscheinen in nicht chronologischer Reihenfolge. Jedes enthält auf 28 bis 36 Seiten ein persönlich-wissenschaftliches Essay, zum jeweiligen Fokus des Hefts passende und mir liebste Schreibaufgaben sowie literarische Beispieltexte, die meisten aus meiner Feder. Die Schreibaufgaben in Heft a stammen alle aus der Kategorie Listentexte. Die Schreibaufgaben in Heft f sind sogenannte Gerüstaufgaben, die sich zum Üben des freien bzw. loslassenden Schreibens eignen.
Jedes Heft kostet 9 Euro und ist sowohl bei mir als auch über den Buchhandel zu bestellen.

Kirsten Alers: a wie anfangen, wie Alphabet, wie allerlei. ISBN 978-3-935663-34-2 Kirsten Alers: f wie Freewriting, wie fließen, wie fantastisch. ISBN 978-3-935663-35-9


4. April 2022

Mitgebracht

von der Insel

Alles Mögliche habe ich mitgebracht: zwei Dutzend Texte, Wind in den Haaren, Sand in den Schuhen, Aufladungen (manche over, sagte Dorothee), die Lust auf Wiederkommen, keine Muscheln, keinen Stein, keine Tasse mit Syltumriss. Eine großartige Woche Kreatives Schreiben mit einer wundervollen Gruppe liegt hinter mir.
Einen meiner Texte, geschrieben am Watt am Montagvormittag, möchte ich hier mit den Lesenden teilen (vielleicht over?).

Am Watt
Eine graue Linie begrenzt meine Sicht. Ich bin das Grau. Das Meer in mir, der Himmel in mir. Ein Möglichkeitsraum. Schwankendes Dünengras und unrhythmisch sich kräuselndes Watt. Eine Leerstelle mittig, aufgeladen mit Metaphorik. Über mir eine schwarz-weiße Möwe mit Krähengekreisch. Die große Kunst, das imaginierte Vielleicht auszuhalten.


7. März 2022

Schreibwerkstatt online

in neuer und wundervoller Konstellation

Nachdem ich 2021 an einem inspirierenden Schreibprojekt meiner Kollegin Helen Perkunder und sie letzten Monat an meiner virtuellen Schreibwoche teilgenommen hatte, fragte sie mich, ob wir denn nicht mal zusammen … Und ich sagte sofort, ohne zu zögern: Ja! Eine Woche Schwangerschaft hat gereicht – und dann ist sie schon geschlüpft, unsere Schreibwerkstatt! We proudly present:

Sinneswandel
Kreative Schreibwerkstatt mit Kirsten Alers und Helen Perkunder (online)

Lasst uns zusammen mit allen Sinnen Texte von spontaner Schönheit schreiben! Wir schreiben mit Leichtigkeit das, was uns gerade in die Feder kommt. Texte im Moment. Weil im Kreativen Schreiben alles sein darf. Und nichts muss. Freies und gebundenes, autobiografisches und fiktionales Schreiben – Kreatives Schreiben eröffnet Möglichkeiten. Sich und der Welt schreibend Ausdruck verleihen. Über die Texte sich nah sein. Schreibend auf Probe handeln, um wesentlich zu werden. Machen wir uns auf den Weg, wandeln wir mit unseren Sinnen!
Die Schreibwerkstatt, geleitet von den Schreibpädagoginnen Kirsten Alers und Helen Perkunder, ist geeignet für Neugierige, Anfänger:innen und Schreibgeübte. Online, im deutschsprachigen Raum, kommen wir wöchentlich zusammen, schreiben, lesen uns das frisch Geschriebene vor, lassen uns beschenken mit konstruktivem Feedback. Es gibt keine Teilnahmevoraussetzungen außer: ein stabiler Internetzugang sowie ein Computer mit Webcam und Mikrofon. Geht mit uns auf den Sinneswandel! Wir freuen uns auf euch!

Leitung Kirsten Alers und Helen Perkunder (im Wechsel)
Termin 10 Abende, wöchentlich montags von 18 bis 20 Uhr;
Beginn: 25. 4., Ende: 4. 7. 2022
Ort im virtuellen Zoom-Raum
Kosten 150, 220, 250 Euro (inkl. 19% MwSt., nach Selbsteinschätzung)
Teilnehmende max. 10, min. 7
Infos + Anmeldung  Kirsten Alers (Kaufungen), Helen Perkunder (Berlin)
Anmeldeschluss 18. April 2022


21. Februar 2022

Im Elfchen-Rausch

Elf Elfchen aus elf gleichen Wörtern

Tatsächlich schreibe ich diese wirklich in keiner Schreibwerkstatt fehlenden Elfchen überhaupt nicht gerne. In meiner virtuellen Schreibwoche nun letzte Woche empfahl ich als Tagesessenz aber ein Experiment, das zu einem Elfchen führen sollte – und da ich ja immer mitschreibe, schrieb ich also Elfchen. Es sollten aus den Texten des Tages elf Wörter herausgepickt werden, aus denen dann ein Elfchen entstehen konnte. Ich pickte also folgende Wörter: Schatten, unten, rundherum, hungern, hellhörig, Wunder, weiß, wild, glimmen, unsagbar, vergangen/vergehen. Und nachdem ich das erste Elfchen schnell geschrieben hatte, dachte ich: Hm, jetzt fange ich aber mal mit der Farbe an, und schrieb noch eins und noch eins … Ich schrieb elf Elfchen, und jedes begann mit einem anderen der elf Wörter. Auch noch alle Wörter jeweils einmal als letzte zu verwenden – dazu reichten Ehrgeiz und Zeit dann nicht mehr. Hier nun die Ergebnisse aus dem rauschhaften Elfchen-Schreiben.

Schatten
unten weiß
rundherum unsagbare Wunder
wild glimmend, hellhörig hungernd
vergehend

weiße
wilde Wunder
unten glimmende Schatten
unsagbar hellhöriges Vergehendes rundherum
hungern

glimmendes
hungerndes Unsagbares
rundherum hellhörige Wunder
wildes Vergehen, unten weiße
Schatten

unten
hellhörig wundern
unsagbar wild hungern
Schatten glimmen rundherum, vergehen
weiß

rundherum
weiße Schatten
unsagbare Wunder vergehen
unten hungriges hellhöriges wildes
Glimmen

Wunder
glimmen rundherum
unsagbar wild hungernd
weiß vergehen unten hellhörige
Schatten

hellhörig
hungernde Schatten
vergehen unsagbar weiß
rundherum wilde Wunder, unten
glimmend

hungern
weiß, wild
unten, rundherum Schatten
unsagbar hellhörig glimmende Wunder
vergehen

wilde
unsagbare Wunder
rundherum weiße Schatten
unten vergeht hellhörig hungriges
Glimmen

unsagbar
hungrige Schatten
vergehen, rundherum Weiß
glimmende hellhörige wilde Wunder
unten

vergehende
Wunder unten
wilde Schatten rundherum
hellhörig glimmt unsagbar weißer
Hunger

P.S. Vielleicht ist es ja immer wieder das Serielle, das mich erfasst – und dann gehen eben auch Elfchen.

P.P.S. Kurze Informationen zum Elfchen-Schreiben:

Das Elfchen gilt als ,kleine’ Form des Sonetts. Joachim Fritzsche schreibt in seinem Buch Schreibwerkstatt (Klett, 1989, S. 101): „Wir verdanken diese Idee Jos van Hest (Autoren-fachschule Het Colofon, Amsterdam).“ Ein Elfchen besteht aus 5 Zeilen mit insgesamt 11 Wörtern ohne Reim (klassischer Aufbau):

1. Zeile 1 Wort= Farbe
2. Zeile 2 Wörter = Gegenstand, Person
3. Zeile 3 Wörter=  von Gegenstand/Person erzählen
4. Zeile 4 Wörter= von Gegenstand/Person erzählen, Ergänzungen
5. Zeile 1 Wort= Pointe, Quintessenz, Transzendenz


3. Januar 2022

Winzigkeiten

Eine Danksagung

Schon zum zweiten Mal (nach 2020) durfte ich auf 24 Schreibimpulse (vom 1. bis 24. Dezember) reagieren. Jeden Morgen in aller Frühe, wenn ich mein Mail-Programm öffnete, tauchte als erstes der aktuelle Impuls auf – ein neues Tagesgeschenk von Barbara Renner-Wiest aus München. Barbara und ich kennen uns seit fast zehn Jahren, als Schreibende, als Kolleginnen, als Am-Strand-Wandernde, als Schreibimpulse-in-die-Welt-Schickende. Auch ich habe ja tägliche Schreibimpulse versandt – Barbara und ich haben getauscht und uns über die manchmal ganz ähnlichen, aber meistens sehr weit auseinander liegenden Impulse. Ich habe an 21 der 24 Tage nach den Geschenkimpulsen nicht geschrieben, sondern gezeichnet (das hatte ich mir vorher vorgenommen). Dreimal aber entstanden Textchen, die nun hier zu lesen sind.

5. 12. Unscheinbar
Unscheinbar unterhalten wir uns untereinander, unentwegt unterhalten wir uns, über uns und Unglaubliches und Glaubliches, und um uns unterhalten sich unsere unausstehlichen uferlos unverschämten Usurpatoren, ein Umstand unfassbarer Unausweichlichkeit – um zu überleben, unterhalten wir uns unscheinbar untereinander, ursprünglich und unbeugsam und subkutan.

13. 12. Entdecke (d)einen Knoten

KNOTEN

 NOTEN
 NOTE
 NOT
 NO
  O

23. 12. Einen Zentimeter ist der Tag heute länger – was machst du damit?
VERGRÖSSERN
V E R M E H R E N
versüßen
verspeisen

Danke, Barbara! Auf bald und ein Neues!


27. Dezember 2021

Gastbeiträge

aus dem Schreibimpulsadventskalender II

Am 13. Dezember hatte ich bereits Texte aus dem Schreibimpulsadventskalender von drei EinsenderInnen gepostet. Heute will ich noch einmal einige mir zugesandte Texte teilen. Vielen Dank für die Zusendung.

Türchen 20: Gedicht Vor einem Winter von Eva Strittmatter

WINTERLIED
(von Katharina W.)

Stille
Licht
Ich
Nicht?

Türchen 21: 2. Impuls: Heute um 16.59 Uhr (MEZ) beginnt der Winter.

(von Katharina W.)

Pssst!
Heute, 16.59 Uhr (MEZ)
Der Winter beginnt.
Also jetzt gleich.
In vier Minuten.
Freue dich!

Türchen 23: Foto eines Zweigleins, Titel: Baum steht

(von Katharina W.)

Baum steht.
Kerze brennt.
Tee dampft.
Hektik weicht.
K. schreibt.
Hoffnung keimt.


13. Dezember 2021

Gastbeiträge

aus dem Schreibimpulsadventskalender

Wie im letzten Jahr habe ich einen Adventskalender aufgelegt: 24 Türchen, hinter denen sich täglich Schreibimpulse verbergen (mit oder ohne Schokolade zu genießen). Und ich habe angeboten, dass ich ein paar der entstandenen Texte hier posten könnte. Das soll nun geschehen. Vielen Dank an die EinsenderInnen.

Türchen 1: Paul Klees Buchstaben-Gedicht
mit den darin verstreuten Worten „So fang es heimlich an“

Fang an
(von Christina D.)

Fang (2) heimlich (4) an (5), so (1) wie ich es (3) schon immer mache.
Ohn viele Wort, ohn Zerren und Gemache.
Setz Wort an Wort und warte auf den Sinn,
und während ich so wart, verläuft der Sinn am Kinn.

Tropft auf das Blatt, das vor mir weiß noch lieget
und sich in aller Unschuld schamlos wieget.
Doch weiß ich schon, was es von mir bald krieget.
Ein übler Plot, ein’ Dirn und eine Zieget.

So wird das nix, denk ich vorm jetzt schon grauen Blatte,
Was dort so steht, haut niemand von der Matte.
Ich sollt den Plot doch besser tun in Watte
und dieser Fiesen eines mit der Latte

auf ihren Deetz drauf geben, dass sie kreische
und ich sie rasch als Polizei erheische
und aus der üblen Unke wird ne Weiche,
das dürfte wohl die Leser schier erheitern.

Denn die Moral vom Lesen von Geschicht
ist, dass der Leser liebt das recht Gericht.
Liebt Einen oben, der für Ordnung sorgt
und klar tut sühnen jeden üblen Mord.

Oje, was »tut« es da in diesem meinem Texte?
So wird das nix mit Stil und Zauberhexe
wie man das glatte Texten wohl auch nennt.
Ich glaub, so wird das nix, ich hab die Kunst verpennt.

Türchen 2: Die ersten drei Sätze
aus Ilse Aichingers Kurzgeschichte Wo ich wohne

Nach unten
(von Christina D.)

Du sinkst und singst als wär’s das große Glück
als hättest Du das erste Los gezogen,
jetzt wo du Dir’s gemütlich machst im zweiten Stock,
als ob der dritte Dir nie war gewogen

so wie der Zweite. Doch bedenke nur
Du wärest droben blieben
wir beide wie schon Jahre Flur an Flur
und hätten uns an unsrer Wand gerieben.

Geträumt hab ich davon, dass Wände fallen,
und wir die Hände reichen überm Topf.
Jetzt sitzest du ein Stockwerk tiefer.
Ich trampel Dir dafür jetzt auf dem Kopf.

Türchen 3: Andersweiß, Bittergrün, Chamäleonfalb, Drängelpink …

(von Thorge M., 9 Jahre)
… Eselgrau, Froschgrün, Giraffengelb, Hasenbraun, Igelschwarz, Jaguarflecken, Kamelcaramell, Lamaweiß, Minzgrün, Neonorange, Otterbraun, Pinguinfrack, Quarzstein, Reisweiß, Schimmelgrün, Tintenfischblau, Untergrundbahn, Vogelflug, Winterweiß, Xeriongrün, Yak, Zebraschwarzweiß

(von Anonyma)


15. November 2021

Meine Biografie hinterlassen?

Die ,weichen‘ Faktoren beim (Ver-)Erben

Vor Kurzem ist das Buch „Achtsam (Ver-)Erben“ erschienen. Silke Gronwald und Almut Siegert von der Edition Ten Talks haben es initiiert und verlegt. Wie der Name Ten Talks vermuten lässtm befinden sich im Buch zehn Gespräche mit ExpertInnen – eines davon wurde mit mir geführt. Als Schreibpädagogin. Wir sprechen über das autobiografische Schreiben. Die Fragen, was ich warum vererben will aus meiner Lebensgeschichte und was ich vielleicht lieber mit ins Grab nehmen sollte, aber auch, wie und warum ich mir selbst gegenüber Rechenschaft ablegen möchte, stehen im Mittelpunkt. Immmer wieder auch berührt wird der Aspekt des heilsamen Schreibens.
Wer sich ansonsten noch geäußert hat, verrät der Klappentext:
„Trauer, Verzweiflung, Neid und Wut: Wenn im Erbfall die Emotionen hochkochen, entwickeln sich oft schwere Familienkonflikte. Jahrzehnte alte Rechnungen kommen auf Wiedervorlage.
Vielleicht zeigt sich im Testament des Vaters wieder einmal die dysfunktionale Familienstruktur, unter der man ein Leben lang litt. Oder Geschwisterfehden aus Kindertagen brechen nun mit ungeahnter Wucht wieder aus. Manche Erbstreitigkeiten nehmen einfach kein Ende, weil einer oder alle Beteiligten sich ungerecht behandelt fühlen. Wie gehe ich mit solchen Konflikten um? Lassen sie sich sogar vermeiden? Wie verstehe ich die Gefühle besser, die hinter Schriftsätzen oder Sachargumenten stehen? Wie vererbe ich selbst nicht nur Geld und Gold, sondern auch Familienfrieden? Wie sieht mein emotionales Erbe aus, das ich hinterlasse?
In zehn ausführlichen Interviews geben rennomierte Fachanwälte für Erbrecht, Psychologinnen, Mediatorinnen und Soziologen qualifizierten Rat. Sie beantworten die wichtigsten Fragen zum klugen Erben und Vererben. Sie erläutern, was ein gutes Testament ausmacht. Wie Gerechtigkeit funktioniert. Sie zeigen auf, wie man Erbkonflikte auch mit schwierigen Menschen lösen kann – und genauso: wie man selbst Abstand gewinnt und nicht verbittert.“

„Es gibt Dinge, die sollen mit ins Grab gehen“. Die heilsame Kraft des autobiografischen Schreibens (Gespräch mit Kirsten Alers, S. 151–167). In:
Gonwald, Silke / Siegert, Almut (2021): „Achtsam (Ver-)Erben“. Von Geschwisterzwist, alten Rechnunben und ungerechten Testamenten – ein psychologischer Wegeweiser durch die Untiefen des Erbens. Hamburg: Edition Ten Talks. ISBN 978-3-00070150-4, 14 Euro


25. Oktober 2021

„Ich zweifle, also bin ich“

Friedenspreis für Tsitsi Dangarembga

Mit dem Zitat „Ich zweifle, also bin ich“ trifft mich Tsitsi Dangarembga. Der Schriftstellerin aus Simbabwe wurde am 24. Oktober der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen. Im Berliner Tagesspiegel ist eine gute Zusammenfassung der Preisverleihung zu lesen.
Es bleibt eine Fremdscham, es bleibt eine Hoffnung, es bleibt ein Erschrecken und Erstaunen. Und noch ein Tipp: Antje Rávik Strubel erhielt am 18. Oktober den Deutschen Buchpreis für ihr Buch Blaue Frau. Und ein dritter: Identitti von Mithu Sanyal schaffte es auf die Shortlist für diesen Preis – und trotz vieler Unkenrufe und Verunglimpfungen will ich es explizit den LeserInnen meines Blogs ans Herz legen, ich habe mich einspinnen lassen in die Wirrungen der Identitäts- und Legitimationsfragen, die auf jeder Seite in neuer Weise aufgeworfen werden.


20. September 2021

Vom weißen Blick

Hommage an Toni Morrison

In der Schreibwerkstatt erstellten wir zuerst Listen mit Frauen unseres Lebens; die linke Sitznachbarin kreuzte eine Frau an, zu der dann ein freier Text entstehen sollte. Auf meiner Liste wurde Toni Morrison angekreuzt. Toni Morrison war eine US-amerikanische schwarze Schriftstellerin (1931–2019). Ich schrieb anschließend den folgenden Text (der ausschließlich aus einsilbigen Wörtern besteht). Das Buch, um das es im Text geht, ist Menschenkind.

Für dich
Du – da ist so viel, was du bist, da ist so viel, was du warst, für mich warst, ein Sprung war es, ich sprang in dein Buch, da – oh, der Sog, es war so ein Sog, ich kam nicht mehr los, nie mehr wird es so sein, wie es war vor dem Tag, als ich dich traf. Ich traf dich im Buch, im Wort, traf dich, weil du mich trafst mit dem, was da stand. Die Welt war neu. Nein, ich sah, ich las sie neu. Dass das ein Buch kann, ein Wort gar, dass di Welt nicht mehr so ist, wie sie war vor dem Wort, dem Satz, dem Text. Die Welt war neu – sie war nicht mehr weiß, sie war schwarz und braun und rot und gelb und weiß, ja, auch weiß, doch nur hier und da. Du gabst den Blick frei, du zwangst mich. Ich sah, ich las die Welt neu. Und das ist bis jetzt so. Es gibt kein So-wie-vor-dem-Buch mehr, vor dem Schock. Denn das war es, es war ein Schock, dass mein Blick auf die Welt weiß war und dass in dem Blick, so weiß, ein Stich wohnt, der in dein Herz geht. Und so bin ich der Mensch, der ich jetzt bin, mit dem Blick, der jetzt von mir in die Welt geht, durch dich. So klar ist es mir nun, was falsch war – und dass solch ein Blick, der weiß ist und bleibt, dass solch ein Blick sticht, ätzt, schmerzt und auch den Tod bringt. Für die, die nicht weiß, die schwarz, braun, rot, gelb sind. Es war ein Schock, die Schuld grub sich dann in mir ein. Und dann tat ich den Schritt und hob den Kopf und sprang und sah die Welt neu. Ich bin so froh, dass ich dich traf, dein Buch, dein Wort – du wohnst in mir seit dem Tag. Hörst du mich? Es ist nicht mehr nur dein Kampf.


30. August 2021

Wiedergelesen

Und endlich geschenkt bekommen

Im Sommer, wenn ich mal für zwei Wochen offline bin (verordnet), lese ich meistens einige dicke Romane, am Stück, innerhalb von zwei, drei Tagen jeweils – und nicht über Wochen kapitel- oder gar nur sätzeweise am Abend. Das habe ich auch in diesem Sommer gemacht. Verschlungen habe ich (in lese-chronologischer Reihenfolge):

  • Abi Andrews: Wildnis ist ein weibliches Wort
  • Zeruya Shalev: Schicksal
  • Juli Zeh: Über Menschen
  • Elif Shafak: Unerhörte Stimmen
Sie haben mich alle erfasst, Shalev und Zeh haben mich wegen der mangelnden Tiefe an so mancher Stelle ein bisschen unzufrieden zurückgelassen, aber dennoch möchte ich sie empfehlen, nicht zuletzt, weil sie aktuelle gesellschaftliche Themen auf besondere Weise verweben – Zehs Roman spielt sogar im Corona-Jahr 2020!

Und dann las ich noch ein Buch, das ich schon mal gelesen und nun endlich geschenkt bekommen hatte, das aus ca. 200 Seiten mit 100 Sätzen besteht:

  • Heike Faller / Valerio Vidali: Hundert. Was du im Leben lernen wirst
Beginnend mit der Geburt sind wir Lernende und bleiben es, bis wir wieder gehen. Mit 1½ z. B. lernst du – so steht es im Buch –, „dass deine Mutter wiederkommt, wenn sie weggeht. Das ist Vertrauen.“ Mit 75 lernst du, „Dinge zu verlernen. Kannst du noch einen Purzelbaum?“
Das Buch ist im Verlag Kein & Aber erschienen und ein wunderbares Geburtstagsgeschenk für junge, jüngere, ältere und alte Lernende.


2. August 2021

Sommersonntag mit Kunst

Doppelzimmer – Ausstellung im Hugenottenhaus

Es gibt gute Orte. Es gibt gute Orte, die erst auf den zweiten Blick ihr Gutes preisgeben. So ein Ort ist das Hugenottenhaus in der Friedrichstraße 25 in der Kasseler Innenstadt. Nach den Ausstellungen Freie Zimmer (2019) und Bewegte Zimmer (2020) beschließt die aktuelle Ausstellung Doppelzimmer (2021) die von den Kasseler KünstlerInnen Silvia und Lutz Freyer kuratierte Ausstellungstrilogie.
21 KünstlerInnenpaare, die zum Teil seit vielen Jahren zusammenarbeiten, zum Teil zum ersten Mal sich künstlerisch aufeinander eingelassen haben, bespielen die Zimmer. Bezüge, Wechselwirkungen, Verschmelzungen – zwischen den KünstlerInnen und ihren Werken, mit dem Ort: Das Haus mit seinem morbiden Charme, der Hinterhof in seiner einladenden Gestaltung, dazu die Perle, das Café. Leider ist die Ausstellung nur freitags, samstags und sonntags jeweils von 12 bis 19 Uhr geöffnet (bis zum 26. September).
Warum ich hier auf das Hugenottenhaus und die Doppelzimmer-Ausstellung hinweise, hat einen einfachen Grund: Wörter, die Sprache spielen in vielen der Kunstwerke, z. B. in Collagen, Videos oder konkreter Poesie, eine wesentliche Rolle. Und zum Schreiben inspirieren auch die Zimmer, in denen Texte eine untergeordnete Rolle spielen.


19. Juli 2021

Blütenstaub

Mehr als Novalis

„Fragmente wie diese sind literarische Sämereien.“ Das schrieb Novalis in einem seiner Blütenstaubfragmente. Aber wer mit Blütenstaub bestäubt werden möchte, muss gar nicht so weit in den literarische Vergangenheit reisen .... Ein neuer Blog ist am Start: Blütenstaub.
Meine Berliner Schreibfreundin und Kollegin Helen Perkunder, der ich u. a. einen wundervollen vierwöchigen schreibbasierten Einstieg in dieses Jahr 2021 verdanke, hat – ausgehend von ihrem literarisch-aktivistischen Blog –begonnen, Blütenstaubwölkchen in die Welt zu pusten. Möge er sich niederlassen und bestäuben, mögen neue Ideenpflänzchen sprießen, möge die Saat aufgehen und die Welt zu einem besseren Ort werden lassen. „Es geht um persönliches Wachstum, nicht weniger als das. Um unser Wachstum. Und dieses Wachstum führt dazu, sich zusammen stark zu machen für eine gerechte Welt“, schreibt Helen. U. a. bietet sie Klima-write-ins an, jeden Donnerstag ab 18 Uhr kommen Menschen virtuell zusammen, wer daran Interesse hat, melde sich hier: klimabriefe@writers4future.de


10. Mai 2021

Eine Woche Kreatives Schreiben

Virtueller Kurs – mit allen Sinnen

Wahrnehmen, notieren, dichten, fantasieren … In Zeiten überbordender Informationen und eines allzu oft empfundenen Zuviels sollten wir unsere Sinneswahrnehmungen und Imaginationskräfte stärken, um uns die Fülle in der natürlichen und kultürlichen Umgebung vor unseren Haustüren und in uns selbst zu vergegenwärtigen. Schreiben gilt als eine der hervorragenden Methoden, um außergewöhnliche Lebenssituationen zu verarbeiten, aber auch, um im kreativen und selbstbedeutsamen Tun eben jene inneren Kräfte zu aktivieren, damit wir handlungs- und zukunftsfähig bleiben.
An sechs Tagen versende ich jeden Morgen eine zwei- bis dreiteilige Schreibaufgabe mitsamt Anleitungen und Hintergrundmaterial, die die Umgebung des Wohn- und Schreibortes mit einbezieht. Im Laufe des Tages entstehen in Einzelarbeit Geschichten, Gedichte und experimentelle Texte; ca. 90 Minuten individuelle Schreibzeit sind einzuplanen. Und jeden Abend findet ein dreistündiges Gruppentreffen mittels Videokonferenz statt, bei dem Texte vorgelesen und beantwor¬tet werden; Gespräche über das Schreiben als Handwerk und jetzt noch Unbekanntes bekommen eben¬falls Raum.
Vorkenntnisse im Schreiben sind nicht erforderlich. Der Link wird vor Workshopbeginn per Mail verschickt; Teilnehmende benötigen ein internetfähiges Gerät (Computer, Tablet, Smartphone etc.) inkl. Kamera und Mikrofon.

Termine 30. Mai bis 4. Juni 2021, Sonntag (10 Uhr) bis Freitag (21 Uhr)
Zeitentagsüber 90 Min. individuelles Schreiben, 18 bis 21 Uhr Videokonferenz für alle Teilnehmenden
Orteam eigenen Wohnort und im virtuellen Raum
Kosten140 Euro | min./max. TN-Zahl: 7/12
Anmeldung sofort bei Kirsten Alers


22. Februar 2021

24 Vorfrühlingsversüßungsschreibimpulse

Tägliches Schreiben hin zum Frühlingsbeginn ab dem 25. 2.

„Es gibt überall Blumen für den, der sie sehen will“ (Henri Matisse).
Noch sind die Kontaktmöglichkeiten stark eingeschränkt, noch ist es Winter – wir sehnen die Begegnungen, die Wärme und den unbeschränkten Aufenthalt im Freien herbei. Was könnte es Besseres geben, um das Warten nicht endlos lang erscheinen zu lassen, als das Schreiben?! Schreiben macht Spaß, führt in die Weite und in die Tiefe, aktiviert unsere Lebensenergien, drängt das lähmende Gefühl des Wartens in den Hintergrund. Hier setzt die Idee des Vorfrühlingsversüßungskalender mit 24 virtuellen Türchen an. Jeden Morgen verschickt die Kursleiterin per Mail einen einfachen, manchmal gar minimalistischen Schreibimpuls. Das Schreiben gestalten die Teilnehmenden selbst. Es besteht gern die Möglichkeit, einmal einen kurzen Text als Gastbeitrag auf meinem Blog, also hier zu veröffentlichen. Vorkenntnisse im Schreiben sind nicht erforderlich. Teilnehmende benötigen ein internetfähiges Gerät (Computer, Tablet, Smartphone etc.) zum Empfangen der täglichen Mail.

Kursleitung Kirsten Alers
ZeitenDonnerstag, 25. 2., bis Samstag, 20. 3., 24 Impulse täglich 9 Uhr (individuelles Schreiben)
Orteim virtuellen Raum
Kosten30 Euro
Anmeldungvhs-region-kassel.de, Tel. 0561/1003-1681, Kursnummer: 202-05459


8. Februar 2021

Mit allen Sinnen

Eine Woche Kreatives Schreiben ab dem 14. 2. 2021

„Alles in der Welt ist merkwürdig und wunderbar für ein paar wohlgeöffnete Augen“ (José Ortega y Gasset).
„Schreiben führt zu anderen Sichtweisen“ (Helga Kämpf-Jansen).
Insbesondere in Zeiten erzwungener Kontaktbegrenzungen und Ortsgebundenheit sollten wir unsere Sinneswahrnehmungen und Imaginationskräfte stärken, um uns das übervolle Sein in der natürlichen und kultürlichen Umgebung vor unseren Haustüren zu vergegenwärtigen. Schreiben gilt als eine der hervorragenden Methoden, um außergewöhnliche Lebenssituationen zu verarbeiten, aber auch, um im kreativen und selbstbedeutsamen Tun eben jene inneren Kräfte zu aktivieren, damit wir handlungs- und zukunftsfähig bleiben.
An sechs Tagen versende ich jeden Morgen eine zweiteilige Schreibaufgabe mitsamt Anleitungen und Hintergrundmaterial, die die Umgebung des Wohn- und Schreibortes mit einbezieht. Im Laufe des Tages entstehen in Einzelarbeit Geschichten, Gedichte und experimentelle Texte. Und jeden Abend findet ein dreistündiges Gruppentreffen mittels Videokonferenz statt, bei dem Texte vorgelesen und beantwortet werden; Gespräche über das Schreiben als Handwerk und jetzt noch Unbekanntes bekommen ebenfalls Raum. Vorkenntnisse im Schreiben sind nicht erforderlich. Der Link wird kurz vor Workshopbeginn per Mail verschickt, ein Programm muss nicht heruntergeladen werden; Teilnehmende benötigen ein internetfähiges Gerät (Computer, Tablet, Smartphone etc.) inkl. Kamera und Mikrofon.

Kursleitung Kirsten Alers
ZeitenSonntag, 14. 2., bis Freitag, 19. 2., täglich 9 Uhr Schreibimpuls und individuelles Schreiben, 18 bis 21 Uhr Videokonferenz für alle Teilnehmenden
Orteam eigenen Wohnort und im virtuellen Raum
Kosten81 Euro
Anmeldungvhs-region-kassel.de, Tel. 0561/1003-1681, Kursnummer: 202-05458


18. Januar 2021

Lioba Happel: Frisch gekürt

mit dem Alice Salomon Poetik Preis 2021

Am 16. Januar wurde der Alice Salomon Poetik Preises 2021 verliehen. Die Schriftstellerin und Sozialarbeiterin Lioba Happel (geb. 1957) erhielt den Preis im Rahmen des Neujahrsempfangs der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin. Da die Veranstaltung ohne Publikum stattfand und aufgezeichnet wurde, kann sie auf der Website der Hochschule angeschaut werden. Oder auf youtube.
Insbesondere die Dankesrede der Preisträgerin (ab Minute 70) ist überaus berührend und Mut machend. Sie, eben auch studierte Sozialarbeiterin und immer wieder auch als solche tätig, bricht eine Lanze für „das Helfen, die oft weggespottete Fähigkeit“ und für die Soziale Arbeit als „größte aller Künste“, weil sie es vermag, „die Welt des Ichs und die Welt des Nicht-Ichs“ zu verbinden und eine Haltung sozialer Intelligenz zu entfachen vermag, die dazu ermuntert, die Augen aufzumachen, zu erkennen und einzugreifen – zur Not auch menschenunwürdige Verhältnisse einzureißen: „Denn etwas stimmte immer noch nie, niemals im Gefüge der Welt.“ Menschen, die in der Sozialen Arbeit und im Schreiben sich verorten, sollten sich diese Dankesrede der Lioba Happel unbedingt anhören.
Lioba Happel – bis vorgestern hatte ich noch etwas von dieser Schriftstellerin gehört oder gar gelesen. Was ich bedaure. Denn sie widmet sich den brennendsten und dauerbrennendsten gesellschaftlichen Missständen – und kann durch eine kompetente Ästhetisierung des Alltags überzeugen, ohne mit erhobenem pädagogischen Zeigefinger überzeugen zu wollen, so eine der Begründungen der Jury.
Möglicherweise wird dann demnächst folgender Satz, der eine kreative Abwandlung bzw. Umkehrung eines Verses aus dem Gedicht An die Nachgeborenen von Bertolt Brecht ist („Was sind das für Zeiten, / wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, / weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt.“), an der Südfassade der Hochschule zu lesen sein: „Was sind das für Zeiten, in denen kein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.“ Dort steht jetzt noch ein Gedicht der Alice Salomon Poetik Preisträgerin von 2017, Barbara Köhler (1959–2021), die vor zehn Tagen leider gestorben ist. (Das Gedicht wird nicht deshalb überschrieben, sondern weil die Texte an dieser Wand in festgelegtem Turnus wechseln.)


28. Dezember 2020

Zum Jahresende

Warum nicht schreiben?!

Als dieses Jahr begann, dachte ich, es müsse ein besonderes werden – allein schon wegen der tollen Zahl 2020 und weil ich am Ende 60 und Oma geworden sein würde. Nun, 60 und Oma bin ich geworden, und das Jahr war tatsächlich ein besonderes – allerdings ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Zum Ausklang möchte ich vorschlagen zu schreiben – was auch sonst?! Als Impuls möge folgendes Zitat dienen, mit dem ich mich verabschiede vom Schreibblog-Jahr 2020:
„Wir leben nicht in besinnlichen Zeiten, aber das Schreiben ist eine besinnliche Erfahrung, selbst wenn die Vorstellung, dass etwas wohlüberlegt und langsam abläuft, statt sich sofort zu entfalten, nicht zur heutigen Schnelllebigkeit passt.“
Die US-amerikanische Schriftstellerin Meg Wolitzer schrieb es in dem von Ilka Piepgras herausgegebenen und in diesem Jahr bei Kein&Aber erschienenen Band Schreibtisch mit Aussicht. Schriftstellerinnen über ihr Schreiben, das ich mir selbst zu Weihnachten schenkte.


14. Dezember 2020

Rauhnacht-Texte

Schreiben zwischen den Jahren

Die Zeit ,zwischen den Jahren’ gilt seit alters her als eine besondere. Den zwölf Rauhnächten um den Jahreswechsel zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar wird eine spezielle Kraft zugesprochen. Mannigfaltige Rituale sind überliefert. Ihren Ursprung hat die Heraushebung von zwölf Nächten in der Differenz zwischen Mond- und Sonnenjahr: Während ein Mondjahr 354 Tage hat, hat das Sonnenjahr 365 (oder alle vier Jahre 366).
Unabhängig davon, ob man sich mit spirituellen Ritualen verbinden möchte: Die Zeit zwischen den Jahren empfinden viele von uns als eine, die herausfällt aus allem – sie gehört nicht zum alten und auch noch nicht zum neuen Jahr, wir lassen das Vergangene Revue passieren, bereiten uns (z. B. mittels der berühmt-berüchtigten guten Vorsätze) auf das Kommende vor. Die Rauhnächte sind also eine ideale Zeit, um zu schreiben: zur Besinnung, zur Selbstreflexion, zur Reinigung, zum Abschließen, zum Neubeginnen. Dazu lade ich dich ein.
Jeden Abend verschicke ich per Mail einen Schreibimpuls aus den Kontexten des Kreativen und des heilsamen Schreibens, der zur alten Symbolik der Tage passt; die Impulse bauen aufeinander auf.
Kosten: 60 bis 75 € (nach Selbsteinschätzung für 12 mehrteilige Schreibimpulse)
Anmeldung: per Mail bei Kirsten Alers
Anmeldeschluss: 20. Dezember

P.S. Mein aktualisierter Newsletter mit vielen weiteren Schreibangeboten ist hochgeladen.


19. Oktober 2020

Herkunft – Heimat – Horizonte

Ein Schreibtag in Kaufungen am 7. 11.

Eine Herkunft haben wir alle – aber haben wir auch eine Heimat? Schreibend soll der geografischen, sozialen und kulturellen Herkunft sowie den mannigfaltigen Untertönen des Begriffs Heimat nachgespürt werden. Im Schreiben klären sich Haltungen, aus denen wiederum Bilder von Zukunft, von neuen Horizonten erwachsen können. Die unterschiedlichen Perspektiven der Schreibwerkstattteilnehmenden werden deutlich, wenn in der Gruppe Texte zu Gehör kommen. Ausgewählte Texte können im Rahmen eines Festtages am 14. November anlässlich des 50 Geburtstages der Gemeinde Kaufungen präsentiert werden.

Termin Samstag, 7. November 2020, 14 bis 18 Uhr
OrtBegegnungsstätte Kaufungen (Mitte, Haltestelle Gesamtschule)
Kosten15 € (Kursgebühr, Getränke, Knabbereien)
Anmeldungper Mail bei Kirsten Alers; Anmeldeschluss: 1. 11.
Überweisung an Gemeinde Kaufungen, Stichwort „Kursgebühr Schreibwerkstatt“
IBAN: DE46 5205 0353 0204 0005 89


7. September 2020

Lieblingsromane …

… neu entdeckt beim Aufräumen

„Du hast bestimmt 1000 Bücher!“ Ramon steht vor meiner Bücherwand und lässt den Blick von unten nach oben und wieder zurück über meine Regalbretter schweifen. „Ja“, sage ich, „ich glaube, es sind 2000.“ Und dann habe ich selbst meinen Blick am Freitag über all meine Regalbretter schweifen lassen und beschlossen, die Ordnung bei den Romanen zu ändern und (oh oh, nie wieder wollte ich das tun) zweite Reihen anzulegen. Die Ordnung habe ich nur in einer Sache geändert: Ich habe mein Frauenromaneregal aufgelöst und die vier Regalbretter alphabetisch zwischen die anderen einsortiert. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es nicht heute immer noch außergewöhnlich ist, explizit und parteilich die Perspektive einer Frau oder einer Gruppe von Frauen einzunehmen, und ich bin mir sicher, dass ich nichts lesen will, was den Blickwinkel, unter dem etwas geschrieben ist, nicht transparent macht, und dass Gender dabei immer eine Relevanz hat, ganz gleich, um welche Art von Literatur es sich handelt. Aber aus noch nicht ganz geklärter Motivation habe ich alle vor Jahren als ,Frauenromane‘ von mir klassifizierten einsortiert. Und ich habe die Frauenkrimis aus den 1980ern und 1990ern in eine zweite Reihe geschoben.
Beim Umsortieren sind mir – weil sich ja alle Romane auf den dafür zur Verfügung stehenden 20 Regalbrettern verschoben und ich sie also alle in die Hand nehmen musste – meine Allzeitlieblingsromane wieder begegnet. Einige davon möchte ich als Lektüre empfehlen, auch wenn sie teilweise schon vor Jahrzehnten erschienen sind.

Hier ist meine (aktuelle) Longlist (die erste Zahl in Klammern ist das Datum der ersten Ausgabe):

  • Soazig Aaron: Klaras Nein (2002/2003)
  • Zsuzsu Bánk: Die hellen Tage (2011)
  • Simone de Beauvoir: Sie kam und blieb (1943/1972)
  • Annie Ernaux: Die Jahre (2008/2018)
  • Anna Gawalda: Zusammen ist man weniger allein (2004/2006)
  • Lena Gorelik: Die Listensammlerin (2013)
  • Ulla Hahn: Das verborgene Wort (2001)
  • Marlen Haushofer: Die Wand (1968/1991)
  • Ursula Hegi: Die Andere (1994/2000)
  • Siri Hustvedt: Was ich liebte (2003)
  • Agota Kristof: Das große Heft (1986/1990)
  • Ursula K. LeGuin: Das Wort für Welt ist Wald (1972/1997)
  • Toni Morrison: Menschenkind (1987/1992)
  • Susann Pásztor: Ein fabelhafter Lügner (2011)
  • Marge Piercy: Frau am Abgrund der Zeit (1976/1996)
  • Marie-Sabine Roger: Das Labyrinth der Wörter (2008/2010)
  • Arundhati Roy: Der Gott der kleinen Dinge (1997/2006)
  • Birgit Vanderbeke: Das lässt sich ändern (2011)
  • Jeannette Walls: Schloss aus Glas (2005)
  • Juli Zeh: Spieltrieb (2004)

P.S. Dass keine Romane dabei sind, die Männer verfasst haben, ist Absicht. Beim Neusortieren ist mir auch noch einmal meine Schulzeit begegnet – wir haben in Deutsch, Englisch, Latein und Französisch ausschließlich Romane und Erzählungen von Männern gelesen, mit einer Ausnahme: Die Judenbuche von Annette von Droste-Hülshoff. Auch diese Novelle kann ich empfehlen zur Lektüre. Selbstverständlich gibt es großartige Literatur von Männern (Siegfried Lenz‘ Deutschstunde zählt sicherlich zu meinen Allzeitlieblingsromanen ebenso wie Romane von Sartre, Camus und Grass), aber hier, in meinem Blog, positioniere ich mich bewusst als eine, die den Blick richtet auf die, die so oft immer wieder und immer noch unbenannt bleiben.


27. Juli 2020

Quer dorch de Godde

Wörter aus Machtlos

Was ist eine Ferrerbex, was ein Bruutwää, was bedeutet Rääwäärer, besbeln oder debbediern? Waltraud Viehmann-Moritz ist im Dörfchen Machtlos am Fuße des Knüll aufgewachsen. Die 77-Jährige, die heute in Bad Hersfeld lebt, hat mehrere Jahre die ,alten Wörter‘ ihres Herkunftsortes, mit dem sie sich heimatlich verbunden fühlt, zusammengetragen und jetzt in einem Büchlein zusammengefasst: Quer dorch die Godde.
Das liebevoll und hochwertig gestaltete Buch überliefert nun nahezu 1000 Wörter des Machtloser Platt, die nach Sachgebieten (wie Die Verwandtschaft, Schimpfwörter, Farben, Vom Wetter, Was auf den Tisch kommt usw.) sortiert und natürlich ins Hochdeutsche übersetzt sind.
Ferrerbex bedeutet Federkasten, ein Bruutwää ist ein mit Brautgaben beladener Wagen, Rääwäärer heißt Regenwetter, besbeln flüstern und debbediern debattieren. Und der Titel Quer dorch de Godde bezeichnet eine Suppe, die aus all dem gekocht wurde, was gerade so im Garten zu finden war. Ergänzt werden die Wörterrubriken durch einige Dutzend Redensarten sowie ein paar Geschichten und Verse. Quer dorch de Godde kann für 9,80 Euro plus Versand bei der Verfasserin bestellt werden.


11. Mai 2020

NEU! Magazin SchreibRÄUME

Mit einem Essay von mir!

Die vielgestaltige Schreibszene hat ein neues Magazin bekommen. Im März erschien die Nummer 1 der SchreibRÄUME. Magazin für Journal Writing, Tagebuch & Memoir, herausgegeben von den Schreiblehrerinnen und -wissenschaftlerinnen Birgit Schreiber und Johanna Vedral. Der Namen der Zeitschrift ist auch Konzept, auf der Website ist zu lesen: „Dass beim Schreiben ein Möglichkeitsraum entstehen kann, der heilsam, therapeutisch und identitätsstärkend ist. Möglichkeitsraum ist wiederum ein Konzept von D.W. Winnicott, einem Bindungspsychologen, der ihn als einen sicheren Übergangsraum zwischen Welt und Innenwelt gesehen hat.“
Ich habe das Glück, mit einem Essay dabei zu sein in der Nummer 1, es heißt: Warum nicht schreiben? Schreibbasierte reflexive Praxis für Fachkräfte in pädagogischen Berufsfeldern: ein Konzept (S. 104–114). Im Abstract wird deutlich, worum es mir geht: „Aus professionstheoretischer Sicht braucht es in pädagogischen Berufsfeldern für eine qualitativ hochwertige Berufspraxis kontinuierliche Reflexion durch die Fachkräfte; bisher kommen aber in der Berufspraxis nahezu ausschließlich auf Mündlichkeit basierende Reflexionsinstrumente zum Einsatz. Hier wird ein Journal-Konzept entwickelt, das schreibbasierte Reflexive Praxis für die pädagogische Fachkraft als regelmäßige Praxis etabliert und Methoden zur Integration ins Team vorschlägt. Schreibbasierte Reflexive Praxis kann dokumentierende, analysierende, evaluieren-de und planende, persönlichkeitsentwickelnde und hedonistische sowie schließlich wissensgenerierende Funktionen haben, bei der Bewältigung von Herausforderungen helfen, die Vermittlung von Theorie und Erfahrungswissen erleichtern und zu höherer Professionalität führen, auf sich selbst, die KlientInnen, das Team und das Setting bezogen.“
SchreibRÄUME soll zweimal jährlich erscheinen und kostet pro Heft 14 Euro. Leseproben, Abstracts, Literaturlisten und Informationen über die AutorInnen der ersten Ausgabe können hier nachgelesen werden.


2. März 2020

Ein guter erster Satz

Wie überzeugt ein Roman, eine Erzählung bereits mit dem ersten Satz?

Der schönste erste Satz – so hieß ein im Jahr 2007 veranstalteter Wettbewerb der Initiative Deutsche Sprache und der Stiftung Lesen. Gesucht wurde der schönste erste Satz in der deutschsprachigen Literatur. Es gewann der Anfang des Romans Der Butt von Günter Grass: „Ilsebill salzte nach.“
Lukas Mayrhofers Begründung: „Ein Satz mit nur drei Wörtern? Auf deutsch? Und spannungsverheißend? Keine leichte Aufgabe. Aber Günter Grass hat sie in meinen Augen bewältigt und mir persönlich mit dem Butt nicht nur eines meiner Lieblingsbücher, sondern auch einen genialen ersten Satz beschert. Ilsebill … komischer Name. Eine echte Ilsebill ist mir in meinem bisherigen Leben noch nie über den Weg gelaufen, aber da gibt es doch dieses Märchen vom Fischer und seiner Frau, eben jener Ilsebill. ‚Myne Fru, de Ilsebill, will nich so, as ik wol will.‘“
Franz Kafkas Einstieg in die Erzählung Die Verwandlung kam auf den zweiten Platz: „Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.“
Siegfried Lenz‘ erster Satz der Erzählung Der Leseteufel aus So zärtlich war Suleyken überzeugte an dritter Stelle: „Hamilkar Schaß, mein Großvater, ein Herrchen von, sagen wir mal, einundsiebzig Jahren, hatte sich gerade das Lesen beigebracht, als die Sache losging.“
(Quelle: Wikipedia)

Ebenfalls gelungene erste Sätze:
Alle glücklichen Familien sind gleich, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich. (Leo Tolstoi: Anna Karenina)
Es war ein verrückter schwüler Sommer, dieser Sommer, in dem die Rosenbergs auf den elektri-schen Stuhl kamen und ich nicht wusste, was ich in New York eigentlich wollte. (Sylvia Plath: Die Glasglocke)
Wer von sich selber zu erzählen beginnt, beginnt meist bei ganz anderen Leuten. (Erich Kästner: Als ich ein kleiner Junge war)
Er war ein alter Mann und er fischte allein in einem Boot im Golfstrom, und seit vierundachtzig Tagen hatte er keinen Fisch gefangen. (Ernest Hemingway: Der alte Mann und das Meer)
Hätte Desiree mir nicht mit ihren langen, sauberen Fingern jeden Lippenstift und Nagellack einzeln vorgeführt, wäre ich niemals auf die Idee gekommen zu klauen. (Fatma Aydemir: Ellbogen)
Am Rande der kleinen, kleinen Stadt lag ein alter, verwahrloster Garten. (Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf)
Mr. und Mrs. Dursley im Ligusterweg Nummer 4 waren stolz darauf, ganz und gar normal zu sein, sehr stolz sogar. (J. K. Rowling: Harry Potter)
Ich habe lange gezögert, ein Buch über die Frau zu schreiben. (Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht)
Vieles fiele leichter, könnte man Gras essen. (Ernst Bloch: Freiheit und Ordnung)


10. Februar 2020

In Unrast gelesen

Von parallelen und anderen Zeiten

Weil ich als Schreiblehrerin auch literarisches Schreiben unterrichte, das Literarische als Kategorie tatsächlich unter fast jedem Text liegt, der in Kreativen Schreibwerkstätten entsteht, und weil ich vor allem mit Frauen arbeite, die ich ermutigen möchte, ihrem spezifischen Blick auf die Welt zu trauen, und weil ich in der immer noch männlich dominierten Welt ein Zeichen setzen will, lese und empfehle und verarbeite ich fast ausschließlich Literatur, die von Frauen (und sich als divers verstehenden Personen) geschrieben wurde.
Dabei lasse ich mich leiten vom Zufall (ich stehe in einer Bahnhofsbuchhandlung und brauche Lektüre für die Reise), von Erfahrung (die neuen Bücher von Juli Zeh, Birgit Vanderbeke oder Dörte Hansen will ich lesen) und vom öffentlich Diskutierten (Neuerscheinungen, Preise etc.). So also las ich >i>Unrast

von Olga Tokarczuk, der Literaturnobelpreisträgerin 2019 (neben Peter Handke).
Fasziniert hat mich die Struktur des Romans, der im Grunde das spiegelt, was die RomantikerInnen bereits postuliert haben: Die Ich-Erzählerin reist durch die Welt und erzählt von Begegnungen – nichts verrät eine Chronologie. Dennoch gibt es chronologische Erzählungen in der Nicht-Chronologie, ebenso wie es Chromos-Momente gibt, und dann ist da eben noch die Parallität der Geschehnisse in der Zeit (oder gibt es gar mehrere parallele Zeiten?).
Drei Arten von Zeit sind miteinander verwoben in diesem Roman, der mich am Ende verloren in die in ihrer Unübersichtlichkeit beängtigende und gleichzeitig in ihrer unglaublichen Fülle beglückende Weltwirklichkeit entlässt.

Tokarczuk, Olga (2019): Unrast. Zürich: Kamps


3. Februar 2020

Jahresgruppe Kreatives Schreiben

Noch wenige freie Plätze!

Zu einem Thema oder einer Textsorte schreiben, den heilsamen Effekt des Schreibens erfahren, eine eigene Schreibstimme entwickeln, Autobiografisches und Fiktives verfassen, assoziativ formlos drauflos oder mit Handwerkszeug ausgestattet eine Geschichte oder ein Gedicht schreiben – Kreatives Schreiben ist vielfältig und bedient unterschiedlichste Funktionen des Schreibens. In einer Gruppe Gleichgesinnter lassen sich Spaß am Texten und Vorlesen mit schreibenden Wanderungen im Innen und Außen verbinden. Einige der Schreibwerkstatttreffen finden in Cafés und Museen in Kassel statt. AnfängerInnen und Fortgeschrittene sind willkommen.

Termine: Dienstags, 17–20 Uhr (10 Termine, monatlich), Beginn: 18. Februar 2020 (die Termine des Jahres können bei Kirsten Alers erfragt werden)
Ort: Wortwechsel Kaufungen, Raiffeisenstraße 15
Kosten: ca. 120 Euro (für Kursgebühr, Kopien, Getränke)
Anmeldung: vhs Region Kassel (Kursnummer Y 2116)


27. Januar 2020

Erfasst und eingehüllt

von Jahreszeiten

Es gibt Bücher, die sich nicht aufdrängen. Die so tun, als bräuchte man sie nicht. Die unspektakulär daherkommen, nicht dick sind, mit zwei Farben auskommen und mit einem Einworttitel. Und selbst, wenn man sie schon gekauft oder geschenkt bekommen hat, liegen sie da und warten geduldig, bis man sie aufschlägt und beginnt zu lesen – und aufhören muss nach wenigen Seiten, weil man hinausgeschleudert wird in ein Universum, das immer schon bedrohlich unübersichtlich war, oder hinabgezogen in die eigenen geheimen Angründe, manchmal gleichzeitig. Und man fragt sich, ob man täglich ein Häppchen verträgt oder ob das gerade gekaute nicht für das ganze Jahr reicht.
Ein solches Buch ist Jahreszeiten von Etel Adnan. Es umfasst vier Kapitel (Frühling, Herbst, Winter, Sommer) – 76 Seiten Facetten –, ein Interview mit der Autorin und 8 Seiten Abbildungen aus ihrem grenzüberschreitenden Werk. Hier eine Facette als Kostprobe:
„Da sich die Erde nicht ausdehnt, tut es die Macht und könnte außer Kontrolle geraten. Indem sie sich selbst verzehrt, wird sie diesen turbulenten Planeten verzehren, Vulkane inbegriffen. Lässt man im Raum eine Hohlform zurück, ohne Körper? Ohne Geist? Ist der Geist allgegenwärtiger als das Fleisch? Wenn ja, sind beide nicht vom selben Stoff, sondern einander fremd und doch voneinander abhängig. Kann man der Wirklichkeit trauen? Es gibt Schluchten, in die wir entweder fallen, um zu sterben, oder mit dem Leben zu beginnen“ (S. 8).
Etel Adnan (geb. 1925 in Beirut, Libanon) ist Malerin und Schriftstellerin. Ich habe sie bzw. ihre Werke während einer Documenta (ich glaube, es war die 13. im Jahr 2012) immer wieder aufgesucht – schon damals war es für mich nicht leicht zu fassen, was an diesen so einfach daherkommenden Bildern so unwiderstehlich ist ... Bei den Texten ist es mir deutlich!

Adnan, Etel (2012): Jahreszeiten. Schrift und Bilder. Hamburg: Edition Nautilus


29. Dezember 2019

Jungle Writing

Neue Plattform für Kreatives Schreiben

Zu Expeditionen ins Kreative Schreiben lädt die neue Plattform Jungle Writing ein. Auf Jungle Writing stellen Kolleginnen (alle sind Mitglieder in der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung) Methoden vor, Schreibübungen, Bücher über und zum Kreativen Schreiben und auch Texte, die aus Übungen des Kreativen Schreibens entstanden sind. Ziel der neuen Website ist es, die Idee des Kreativen Schreibens als Abenteuer auf dem Weg zu Geschichten, Erzählungen und Erinnerungen weiter in die Gesellschaft zu tragen und damit vor allem jene zu erreichen, die sich bislang wenig oder gar nicht mit Kreativem Schreiben auseinandergesetzt haben. GastautorInnen sind willkommen. Es gibt keine strukturellen oder inhaltlichen Vorgaben, alle Interessierten sind frei, ihre persönliche ,Note’ einzubringen und über Gruppenerfahrungen, Methoden, Erlebnisse oder Meinungen rund ums Kreative Schreiben zu posten. Wir passen lediglich das Design an. Interessierte wenden sich bitte an Christina Denz (info@denz-berlin.de) oder an Gabriele Gäbelein (gaebelein@schreibraum-potsdam.de).
Ansprechend ist die Seite, das ist keine Frage – witzig vor allem die Bilder und Begriffe, die sich alle auf den Dschungel beziehen. Nicht alles ist gut, das ist auch keine Frage – einiges ist flach und abgegriffen oder gar fragwürdig (wie die „10 kreative Schreibimpulse für Eilige“), anderes ist spannend oder erhellend (wie der Beitrag „Eine Gruppe ist keine Klasse“). Aber so ist das, und: Alle können mitmachen, sodass das Kreative Schreiben, wie auch immer es verstanden und unterfüttert wird, (noch) bekannter wird.


9. Dezember 2019

Kluges für Minuten

Minutenessays von Katharina Hacker

Der Klappentext sagt, dass das kleine Bändchen für Gern- und Nichtgern-LeserInnen, für Gern- und Nichtgern- SchreiberInnen ist, denn: Die Essays sind dicht und kurz genug (man braucht tatsächlich kaum läner als eine Minute, um eins zu lesen), im Buch steht was drin und da sind leere Seiten für eigene Worte – ich jedenfalls als Gern-Leserin und Besondersgern-Schreiberin fühle mich herausgefordert zum Lesen und Schreiben, von Klugheit, Dichte und Form. Ein Beipsiel:

Immer das gleiche
Ich nehme Idioten, die mir nicht erlauben, sie zu ignorieren, vor allem übel, dass ich ihretwegen immer das gleiche sage, noch schlimmer, ein ums andere Mal das gleiche denke. Es ist nicht fruchtbar, darüber nachzudenken, warum es keine Ehe zwischen Menschen des gleichen Geschlechts geben sollte. Es ist nicht fruchtbar, darüber nachzudenken, ob Menschen, di in Not sich mit ihren Kindern zu retten versuchen, Wirtschaftsflüchtlinge sind.

Die kurze Form passt auch in die Zeit, in der irgendwie niemand mehr Zeit hat, zum ausufernden Lesen nicht, zum alles verlangsamenden Schreiben schon mal gar nicht ...
Katharina Hacker: Darf ich dir das Sie anbieten? Minutenessays. Berenberg 2019


25. November 2019

Schluss mit den Morden an Frauen

Heute Trauermarsch in Kassel

Heute – am Internationelen Tag gegen Gewalt an Frauen – wird in Kassel ein Protest- und Trauermarsch stattfinden, der auf die erschreckend hohe Zahl von Morden an Frauen in der BRD hinweisen will, ihnen gedenken und eine Stimme geben will und sich für eine effektive Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen einsetzt.
In der BRD wird jeden 2. Tag eine Frau, weil sie eine Frau, ist ermordet. Wir nennen dies nicht Beziehungs- oder Eifersuchtsdrama, sondern Femizid. Gemeinsam mit vielen anderen Bewegungen weltweit setzen wir uns damit für eine Abschaffung von Gewalt gegen Frauen und die systematischen Morden an Frauen und ihren Kindern ein.
Treffpunkt ist um 16.30 Uhr Am Stern in der Stadtmitte, der Trauermarsch geht über die Königsstraße bis zum Rathaus. Veranstalter ist das Kasseler Frauenbündnis.


18. November 2019

7. Nordhessischer Autorenpreis

Preisverleihung am 29. November

Der 7. Nordhessische Autorenpreis kann verliehen werden! Aus 204 in der ersten Jahreshälfte eingereichten Texten hat zunächst eine vom Vorstand des Vereins Nordhessischer Autorenpreis e.V. beauftragte dreiköpfige Lesegruppe (Jana Ißleib, Jacqueline Engelke, Klaus Henning) 68 Texte ausgesucht – in stundenlangem kriteriengeleiteten Ringen. Aus diesen haben die Jurymitglieder Nicole Braun, Martin Piekar, Jörg Robbert, Isa Rühling und Alexandra Serjogin am 3. November zehn ausgewählt – sie sind die Gewinnertexte!
Noch sollen die Namen hinter den Texten nicht verraten werden – hier aber schon mal die Titel, die Lust machen auf mehr, auf das, was „Und täglich grüßt die Gegenwart“ bedeuten kann, welche Facetten die im Titel des Wettbewerbs anklingenden Hauptdimensionen Gegenwart und Wiederholung haben kann: Warten, Unmöglichkeitsform, Brausepulver, Sektion, Nachkoloriert, blüten wege, Heute an morgen denken, Erinnerungen an die Zukunft, Bad Wilhelmshöhe und Verliebt.
Die Preise werden am 29. November 2019 in einer öffentlichen Feierstunde mit Lesung durch die zehn AutorInnen im Offenen Kanal Kassel ab 19 Uhr verliehen. Das Publikum wird an der Vergabe der ersten drei Preise beteiligt, es verspricht also ein spannender Abend zu werden. Der Eintritt ist frei.


11. November 2019

Congratulations!

Hans Magnus Enzensberger zum 90.

Nicht unumstritten ist er, ich will mich hier auch gar nicht zu ihm und seinem Werk (politisch und literarisch) positionieren. Da sind Andere kompetenter. Ich will ein Buch empfehlen, das es nur noch antiquarisch gibt und das zu meinen kostbarsten gehört: Enzensberger hat unter dem Pseudonym Andreas Thalmayr (ein Anagramm wäre aus seinem Namen wäre netter gewesen) Das Wasserzeichen der Poesie veröffentlicht. Es versammelt besondere Stücke aus der Dichtung und kreative Variationen derselben. Es ist eine von Seite zu Seite immer wieder neue Offenbarungen bietende Fundgrube für alle, die Menschen an Poesie und/oder Kreatives Schreiben heranführen möchten.

Das Wasserzeichen der Poesie oder Die Kunst und das Vergnügen, Gedichte zu lesen. In hundertvierundsechszig Spielarten vorgestellt von Andreas Thalmayr. Erschienen 1985 bei Greno (Nördlingen)


19. August 2019

Im Mantel der Wörter

Gisela Wurthmanns Gedichte sind erschienen

Wenn eine meiner (ehemaligen) SchreibschülerInnen ihre Texte veröffentlichen will, bin ich sehr gern bereit, sie zu lektorieren. Das habe ich also in diesem Sommer für Gisela Wurthmann gemacht, die seit 2006 immer wieder Teilnehmerin an diversen Schreibwerkstätten und Literaturkursen war. Nun sind ihre Gedichte erschienen: Im Mantel der Wörter heißt der kleine feine Band.
Kaleidoskop des Lebens: In 104 Gedichten gewährt Gisela Wurtmann Einblicke in ihr Inneres – Persönliches zeigt sich als Universelles, mit dem Lesende in Resonanz gehen können. Die in Bad Wildungen lebende Autorin schreibt von Liebe und Träumen und Träumen mit Liebe, macht Inventur des Damals, des Heute und des Dazwischen, verdichtet Abschiede und die vier Jahreszeiten und wagt sich mit Sense und Kratzbuckelschmorch auch an Nonsense-Lyrik. Gedichte mit Reim und Rhythmus stehen neben freien Versen, Haikus und Elfchen.
Das Buch hat 136 Seiten und ist zu bestellen über: ISBN 978-3-935663-32-8.

Als Kostprobe eins meiner Lieblingsgedichte:
Tage gibt es
Tage gibt es
die leider
abends enden


10. Juni 2019

Wortwechsel-Sommerakademie

Drei Schreibabende und ein Online-Vergnügen

Wer einfach mal schnuppern oder ein Thema vertiefen oder auch auf Reisen nicht auf Schreibimpulse verzichten will: Zum vierten Mal biete ich eine Sommerakademie zum Kreativen Schreiben an mit folgenden einzeln buchbaren vier Modulen.

1. Abend: In (Schreib-)Fluss kommen
24. Juni (Montag), 17–21 Uhr (inkl. Pause)
bei Wortwechsel, Kaufungen, Raiffeisenstraße 15, 25 €

2. Abend: Experimente mit Buchstaben, Wörtern, Sätzen
24. Juni (Montag), 17–21 Uhr (inkl. Pause)
bei Wortwechsel, Kaufungen, Raiffeisenstraße 15, 25 €

3. Abend: Rhythmisch Schreiben: Lyrik und mehr
26. Juni (Mittwoch), 17–21 Uhr (inkl. Pause) bei Wortwechsel, Kaufungen, Raiffeisenstraße 15, 25 €

Online-Schreib-Ferien: gehen, fliegen, tauchen ... schreiben
10 Tage Schreib-Impulse per Mail
24. Juni bis 3. Juli (man kann sie täglich, aber auch alle am 24. Juni bekommen und auf Reisen mitnehmen; ein Textfeedback ist nicht vorgesehen; nur als Paket buchbar, 45 €)

Anmeldungen per Mail (Storno bis 7 Tage vor dem jeweiligen Termin frei, danach fällt die Kursgebühr an) an: kirsten.alers@wortwechsel-kaufungen.de


3. Juni 2019

Außerhalb von Planquadraten

Ausstellung noch bis zum 16. 8. zu sehen

Noch einmal möchte ich auf die Ausstellung im Kaufunger Rathaus hinweisen, die mein Partner Uli Ahrend und ich zusammen konzipiert und umgesetzt haben: Außerhalb von Planquadraten ist noch bis zum 16. August zu sehen (Öffnungszeiten und weitere Infos: siehe Blog-Einträge vom 1. und 15. April 2019). Wenn man vor dem Ausstellungsbesuch die hier dokumentierte Laudatio, die Carmen Weidemann zur Ausstellungseröffnung gehalten hat, liest, geht möglicherweise mit einem tiefergehenden Blick an den Werken vorbei, auf sie zu, in sie hinein ...

Laudatio von Carmen Weidemann
Guten Abend. Mein Name ist Carmen Weidemann – seit vielen Jahren bin ich sowohl zuständig für die Werkstatt-Galerie als auch für AutorInnenförderung im autorencafé der Werkstatt Kassel e.V. Ich habe mit dem Musikprojekt Strom das FreeFlowFestval initiiert und befinde mich überhaupt gerne da, wo im freien Spiel und Experiment Räume entstehen. Mit Kirsten Alers und Uli Ahrend verbindet mich seit 2004 die Zusammenarbeit im Nordhessischen Autorenpreis.
Kirsten und Uli sind seit vielen Jahren ein Paar und ein Arbeitsteam. Beide verbinden in ihrer Arbeit Kunst, Handwerk und Wissenschaft, Kirsten als Schreibende, Schreiblehrerin, Schreibtheoretikerin und Herausgeberin, Uli als Schriftsetzer, Grafiker, Gestalter und Fotograf. Erstmals 1997 haben die beiden ein Projekt zusammen ans Licht gebracht: das Wendlandbuch Unruhiges Hinterland zum 20-jährigen Bestehen der BI gegen die Atomanlagen in Gorleben. Seitdem sind viele Buch- und Zeitungsprojekte entstanden. Kunst als Werkzeug des allgemeinen Arbeitsprozesses, eine Art Bauhausregel, ist den beiden also hinlänglich bekannt.
Unbekanntes Gebiet betreten die beiden allerdings heute mit ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung, an der sie seit Dezember vergangenen Jahres gearbeitet haben: Außerhalb von Planquadraten, eine Werkausstellung. Die Beziehungen herstellt, sichtbar macht und öffnet. Beziehungen zwischen dem Bauhaus, das dieses Jahr 100 Jahre alt wird, und dem Schaffen der beiden. Die Beziehung zwischen Text und Form, zwischen Handwerk und Digitalität, zwischen Kunst und Kaufungen, zwischen Ingenieuren und Träumern.
Kirsten und Uli fügen ihr Werk zu einem Gesamtkunstwerk zusammen. Sehr schön zu sehen an den Haigas, in denen es eben nicht darum geht, den Text zu bebildern oder das Bild zu betexten, sondern darum, dass etwas Drittes entsteht, das untrennbar als Einheit ganz neue Dimensionen offenbart.
Die Ausstellung ist ein Wechselspiel zwischen dem Eintauchen in das Formale, die Automatik, das Serielle und dem Aufbrechen der Struktur, dem Verlassen der gewohnten Ebenen. In den Fotografien, Texttafeln und Grafiken gibt es etwas zu entdecken, das zwischen den Zeilen, hinter den Worten, unter dem Text und eben außerhalb von Planquadraten liegt. Hinter der Einfachheit lauert ein ungeahnt komplexes System – und das ist sehr schön, weil es uns als Zuschauende, wenn wir einmal unvoreingenommen sehen, wie im totalen Theater aus unserer intellektuellen Apathie reißen kann. Weil die Arbeiten nicht schnell mal angeguckt sind – schönes Bild und weiter geht’s. Sondern ein aktiv selbstbestimmtes Sehen herausfordern, die Erweiterung des Fern-Sehens. Der erweiterte Kunstbegriff – die Ausdehnung des Theaters oder des Musealen auf das Publikum – ist doch längst Realität geworden.
Hier noch eine kleine Anmerkung zur Freifläche, zur Rolle des Lichts: Das Licht in der Ausstellung ist die Freifläche, der Raum für eigene Notizen, wo sich die Gedanken der Sehenden manifestieren, wo der Text und die Gestaltung einen neuen Raum öffnen. Licht ist die Kraft, die zeugt. Im Licht legen wir Rechenschaft ab über das, was wir tun – für das Leben uns nicht nur für uns selbst.
So, nun möchte ich noch einmal euch, das Publikum ansprechen. Ihr habt es gut. An einem Ort, einem Rathaus, in dem es tagtäglich um Formalia, das Ausfüllen von Vordrucken, das Bewegen innerhalb von Planquadraten geht, könnt ihr euch einlassen auf das Angebot, das die beiden KünstlerInnen machen. Im Klartext bedeutet das: Schreibt weiter, lasst euch inspirieren, malt Planquadrate in eure Texte, was befindet sich innen, was außen. Denkt euch euren Teil und projiziert eure eigenen Filme in die Freiflächen. Verortet euch in den Fotos, Texten und Grafiken und lasst zwei, drei, vier neue Dimensionen entstehen. Wundert euch, wagt es, quer zu denken. Schaut mit weit offenen Augen, wundert euch, schaut auch mal hin, während ihr euch bewegt, aus den Augenwinkeln,, während ihr auf dem Weg ins Rathaus seid oder wieder hinaus – welches Wort bleibt hängen, welcher Bildeindruck? „Schönheit ist Freiheit in der Erscheinung“, sagte Johannes Itten, einer der Bauhausmeister, „das Gezwungene, Gedrückte, Gekrümmte kann nicht schön sein.“ In diesem Sinne noch einen schönen Abend.


6. Mai 2019

Das Bauhaus erschreiben

Schreibtage in Dessau

„Wollen, denken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft ...“ (Walter Gropius, Bauhaus-Gründer). „[...] es galt, unsere vorstellungswelt zu präzisieren, unsere erlebnisse zu gestalten durch material, rhythmus, proportion, farbe, form“ (Gunta Stölzl, Webermeisterin). Das Bauhaus feiert in diesem Jahr 100. Geburtstag. 1919 – das Jahr der Gründung der Weimarer Republik (mit der Durchsetzung des Frauenwahlrechts) und des Aufblühens der Moderne. In den bilden¬den Künsten, Architektur und Design, aber auch in Tanz und Literatur konnte endlich – nach autoritärem Kaiserreich und brutalem Krieg – frei, wild, kreativ und ergebnisoffen experimentiert werden. Es entstan¬den neue Formen – in der Kunst und für das Leben. Dafür steht insbesondere das Bauhaus, das als Schule und Gesamtkunstwerk Kunst und Design, aber auch Denken, Beziehungen und Gesellschaft revolutionieren wollte.
Eintauchen vor Ort in Dessau, in diese Zeit des kulturhistorischen Aufbruchs, Annäherungen an die Pro¬tagonisten und Protagonistinnen der Avantgarde über ihre Werke. Das Vibrieren des Aufbruchs spüren. Nach der Bedeutung für das Heute fragen. Das Bauhaus schreiben!

LeitungKirsten Alers, Schreibpädagogin
TerminSonntag, 29. September (10 Uhr), bis Dienstag, 1. Oktober 2019 (17 Uhr)
Ort/ÜbernachtungBauhaus-Gebäude Dessau
Gruppengrößemin. 6, max. 8 Teilnehmende im EZ
Kosten Seminar103 Euro (zu zahlen an die VHS)
Kosten UnterkunftEZ (ohne Verpflegung! Frühstück im hauseigenen Bistro): 120 Euro
(zu zahlen an Kirsten Alers)
Sonstige Kosten   eigene Anreise (ggf. Mietung eines Gruppenbusses), Verpflegung, Eintritte
KursnummerX 2119
Anmeldungvhs Region Kassel, (05 61) 1003-1681, Anmeldeschluss: 17. August 2019
InformationKirsten Alers: (0 56 05) 92 62 71; kirsten.alers@wortwechsel-kaufungen.de


15. April 2019

Es gibt so viel Himmel

Listentext wird Ausstellungsobjekt

Im Blog-Eintrag vom 31. 7. 2017 empfahl ich, den Listentext von Eike von Savigny (Katalog) als Vorlage für einen eigenen Text zu verwenden – natürlich (oder jedenfalls, auch ohne die Natur herbeizuzerren: tatsächlich) habe ich diesen auch schon mehrfach selbst als Impuls verwendet, u. a. im April vor zwei Jahren. Das Ergebnis ist – hier von meinem Partner Uli Ahrend gestaltet – ein Teil der Ausstellung Außerhalb von Planquadraten, die bis zum 16. August im Rathausfoyer in Kaufungen zu sehen ist (siehe Blogeintrag vom 1. 4. 2019).


1. April 2019

Außerhalb von Planquadraten: Ausstellung

von Uli Ahrend (Fotografie, Grafik) und Kirsten Alers (Texte)

Beobachtungen und Träume, Anklagen und Visionen, Überlagerungen zwischen Realität und Fiktion, Bewegungen im Rahmen und Spiele ohne Regeln: 35 Werke zeigen die Auseinandersetzung des Kaufunger Künstlerpaares Kirsten Alers und Uli Ahrend mit dem Thema „Außerhalb von Planquadraten“, die am Mittwoch, den 10. April, um 19 Uhr von Bürgermeister Arnim Ross im Rathausfoyer in Kaufungen eröffnet wird.
In jeweils 15 Arbeiten stellen sich Kirsten Alers mit Texten sowie Uli Ahrend mit Fotos und Grafiken vor; wahrnehmbare Bezüge sind beabsichtigt und werden in den fünf Werken, in denen sich Text und Bild explizit verschränken, noch deutlicher. Kirsten Alers’ Texte zeugen von einer großen Kenntnis der Möglichkeiten der poetischen Sprache und von Experimentierfreude in Formen und Inhalten. Uli Ahrends visuelle Arbeiten zeigen die Kompetenzen eines auf klassischem Handwerk aufbauenden und die Möglichkeiten moderner Technologie nutzenden Gestalters. Uli Ahrend zeichnet auch für die optische Umsetzung des Gesamtkonzepts verantwortlich.
Die Ausstellenden thematisieren einerseits die tägliche Herausforderung der Postmoderne, sich nicht in angeblich Alternativloses – eben in Planquadrate – pressen zu lassen, sondern Diversität zu leben, andererseits spielen sie insbesondere im Visuellen mit den geometrischen Figuren Quadrat, Rechteck, Dreieck und Kreis: Sunbewegungen außerhalb von Planquadraten. Eine Einführung gibt am Eröffnungsabend die Free Flow-Künstlerin Carmen Weidemann.

Die Ausstellung ist eine Veranstaltung der Gemeinde Kaufungen, der Eintritt ist frei. Sie ist bis zum 16. August zu den Öffnungszeiten des Rathauses (Leipziger Straße 463) zu besichtigen: Mo 8.30 – 18 Uhr, Di bis Do 8.30 – 15.30 Uhr, Fr 8.30 – 12 Uhr.


4. März 2019

Es könnte so schön sein

Zwei Bücher mit Visionen

Ich empfehle zu lesen, damit die gute Laune und der Glauben an den individuellen Einflussmöglichkeiten auf diese so veränderungsbedürftige Welt wieder erwachen oder erstarken.
Von meiner Schreibschülerin Cordula K. bekam ich ein altes (und antiquarisch erstandenes) Buch von Birgit Vanderbeke geliehen, das ich erstaunlicherweise noch nicht kannte, ist doch Birgit Vanderbeke seit Jahren eine meiner LieblingsautorInnen: Die sonderbare Karriere der Frau Choi (S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2007). „Plötzlich taucht Frau Choi aus Gwangju auf. Und in dem südfranzösischen Nest, wo man sich noch die Geschichten von Werwölfen und der Weißen Frau erzählt, gerät einiges in Bewegung: Seit Frau Chois Restaurant, das ,Bapguagup’, die Gourmet- und Architekten-Szene anlockt, macht das ganze Dorf gute Geschäfte. Man profitiert von der kulinarischen Raffinesse, dem wirtschaftlichen Geschick und dem Einfallsreichtum der beharrlichen Koreanerin. Insbesondere ihr Wissen um die Wirkung von Kräutern und Pilzen gibt sie gewinnbringend an die Frauen der Umgebung weiter. Und dann stirbt der unangenehme Bürgermeister. Ihm folgt der aufdringliche Marc. Und was ist aus dem ehrgeizigen jungen Ledru geworden?“, so der Klappentext. Der aber nicht das sagt, was ich gelesen habe. Ich habe gelesen, dass Energie ansteckend ist, dass Beharrlichkeit sich lohnt, dass eine kleine Frau die Welt verändern kann. Und dass ich zwar nicht Frau Choi bin und auch nicht in einem Nest in Südfrankreich lebe und erst recht keine Köchin bin und sein werde – dass ich aber auch ... genau: die Welt aus den Angeln heben könnte! Und das alles mit dieser wunderbar lückenhaften, leichten, scheinbar naiven und charmant-ironischen Sprache der Autorin – schwärm! Lesenswert ist eigentlich alles von Birgit Vanderbeke, vor allem aber: Das lässt sich ändern.

Von meiner Schwester Imke bekam ich fast zeitgleich auch einen Buchtipp, da mir das Vanderbeke-Buch für eine Woche Sylt zu dünn erschien, kaufte ich mir von der mir bis dato unbekannten Autorin Karin Kalisa: Sungs Laden (Verlag C. H. Beck, München 2015): „Am Anfang ist es nur eine alte vietnamesische Holzpuppe, die in der Aula einer Grundschule Kinder und Lehrer bezaubert. Noch ahnt keiner, dass binnen eines Jahres der Prenzlauer Berg auf den Kopf gestellt werden wird: Das Szene-Viertel entdeckt seinen asiatischen Anteil und belebt seine anarchisch-kreative Seele neu. Brücken aus Bambus spannen sich zwischen den Häusern, Parkraumwächter tragen Kegelhüte, auf Brachflächen grünt exotisches Gemüse, und ein Zahnarzt macht Sonntagsdienst für Patienten aus Fernost. Nachdem auf dem Dach des Bezirksamts kurzzeitig auch noch die Ho-Chi-Minh-Flagge wehte, münden die Aktionen in ein Fest, wie der Kiez noch keines erlebt hat: großes vietnamesisches Wassermarionettentheater in einem Ententeich! Vom Gemischtwarenladen des studierten Archäologen Sung nimmt all dies seinen Ausgang. Hier treffen die Schicksale ehemaliger vietnamesischer Vertragsarbeiter mit den Lebensgeschichten früherer DDR-Bürger zusammen, von hier aus wird der Kiez nicht nur mit Obst und Gemüse, sondern auch mit dem guten Geist der Improvisation versorgt. Und siehe da: Gute Laune ist auch in Berlin möglich! Eine Utopie, natürlich. Aber eine hochgradig ansteckende“, so der Klappentext. Der ungefähr das sagt, was ich gelesen habe. Außerdem habe ich über Vietnam und deutsche Geschichte, unkonventionelle Methoden und wie alles mit allem zusammenhängt gelesen. Ja, ein bisschen sozialromantischer Kitsch ist auch dabei – aber vielleicht denke ich das auch nur, weil ich mal in einer Kommune gelebt habe und eben weiß, dass Utopie zu leben auch Arbeit und nicht immer leicht und fröhlich ist.


28. Januar 2019

Klänge und Zeichen: Grenzüberschreitungen

Pfingsten 2019 im Rhythmus von Sprache und Musik

Ein neues Jahr hat begonnen, und ich gehe ein paar neue Schritte – wunderbar, dass mir das möglich ist! Dieses Jahr will ich zum ersten Mal mit meiner Schwester gemeinsam einen Workshop anbieten. Unsere Kindheits-Konkurrenz ist nur noch ein fernes Bild, das ein fast ungläubiges Kopfschütteln hervorruft – die Freude über die Lust am gemeinsamen Konzipieren und die Vorfreude auf das gemeinsame Unterrich­ten ist groß!

Rhythmus, unser Rhythmus, der Rhythmus des Lebens zeigt sich sowohl in der Sprache als auch in der Musik. Kreativ schreibend und musikalisch improvisierend kommt er zum Ausdruck, füllt er den Raum. Tempo und Takt, Versmaß und (Sprach)Melodie – auf der Suche nach individuellen musikalisch-sprachlichen Schwingungen werden rhythmische Sprachgebilde (z. B. Gedichte) und musikalische Erfahrungen (z. B. Body-Percussion) initiiert. Schließlich können Texte vertont und Melodien betextet werden. Dem Gemeinsamen in Sprache und Musik spüren wir nach und gehen in Resonanz mit dem Rhythmus in uns.
Erfahrungen im Kreativen Schreiben und Notenkenntnisse sind nicht erforderlich. Eigene Instrumente können mitgebracht werden.

LeitungKirsten Alers (Schreibpädagogin), Imke Alers (Oboistin, Musikpädagogin)
TerminFreitag, 7. Juni, bis Montag, 10. Juni 2019 (Pfingsten)
OrtTagungsstätte Soest; www.tagungsstaette-soest.de
KostenSeminar: 154 Euro (zu zahlen an die VHS), eigene Anreise!
Tagungsstätte: 256 Euro (zu zahlen an Kirsten Alers)
KursW 2117
Anmeldungwww.vhs-region-kassel.de, 0561/1003-1681, Anmeldeschluss: 3. März 2019
Vorbesprechung22. März 2019, 19 Uhr, Haus Wortwechsel, Kaufungen
InformationKirsten Alers: Schreiben und Tagungsstätte (05605/926271)
Imke Alers: Musik (0163/5021177)


14. Januar 2019

Schreiben wir! Schreibtag in Hümme

Vier Formate zum Anschnuppern

Kreatives Schreiben? Sie wollten immer schon mal wissen, was sich hinter dem schillernden Begriff verbirgt. Und sie wollten immer schon mal ausprobieren, ob Sie Ihre Gedanken und Gefühle, all die Geschichten und Gedichte, die in Ihnen schlummern, zu Papier bringen können. Und ob sie eher Erzähler/in oder doch Dichter/in sind. Das Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen stellt eine Vielzahl unterschiedlicher Schreibangebote zum Ausprobieren vor. In ca. zweistündigen Workshops laden die jeweiligen Dozentinnen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen zum Schreiben ein.
Sie können an einem Tag an verschiedenen Stationen (Tischen) eigene Texte verfassen, sich schreibend ausprobieren, über die Kraft der Sprache und der Worte staunen. Ihre Schreiblust soll geweckt werden, Sie dürfen einen experimentellen Weg zum Text erforschen, eine Kürzestgeschichte verfassen, die heilsame Kraft des Schreiben spüren oder auf Wortwegen wandeln. Alle vier Workshops finden zweimal statt, sodass Sie nach eigener Einwahl zwei Angebote an diesem Tag wahrnehmen können.

Workshops von: Kirsten Alers, Jacqueline Engelke, Patricia Sheldon und Ellen Volkhardt
Zeit: Samstag, 26. Januar 2019, 10 bis 16 Uhr
Ort: Generationenhaus Bahnhof Hümme, Tiefenweg 12 (Regiotram)
Kosten: 30 Euro
Beratung: Ellen Volkhardt, Tel. (05 61) 400 99 06
Anmeldung: www.vhs-region-kassel.de (Kursnummer V2118)


24. Dezember 2018

H-Abend-Akrostichon

Feiert schön!*

Heute
E erschienen
Illuminationen
Längs
Iinnerer
Grenzlinien
Aals
Besondere
Energien
Niederkaufungen
Durchkreuzten

* Und/Oder macht auch zwei, drei Akrostichons.


17. Dezember 2018

Geschrieben und dann?

Vielleicht selbst gestalten!

Alle, die schreiben, schreiben für sich – aber manchmal will man auch etwas des Geschriebenen verschenken oder (privat) veröffentlichen. Und dann braucht es Gestaltungsideen und -handwerkszeug, um das Märchen für die Schwester oder die Gedichte für einen Kalender ,schön’ zu schreiben und/oder zu illustrieren.
Meine Kollegin Yara Semmler (Kommunikationsdesignerin), mit der ich den wunderbaren Kurs Eine Woche kreatives Schreiben und Gestalten im Lossetal im kommenden Jahr zum 3. Mal durchführen werde (7. bis 14. Juli 2019), bietet in ihrem Studio piece of pie in Leipzig zahlreiche Gestaltungskurse an, vom Handletteringschnupperkurs über Linoldruckkurse für Kinder und Illustrationskurse für Erwachsene bis zum Intensivkurs Mappengestaltung für junge Menschen, die ein Kunst- oder Design-Studium anstreben. Lust bekommt man sofort, wenn man sich die Workshop-Ausschreibungen von piece of pie anschaut.


26. November 2018

Wortwechsel in der Wolfsschlucht

Meine Bücher in der Galerie auf Zeit

Seit Langem erhalte ich als Inhaberin des Verlags Wortwechsel jedes Jahr Anfang November die Einladung, meine Bücher in der Galerie auf Zeit zu präsentieren. Das ist wunderbar, denn dort befinden sie sich in exkluisver und illustrer Gesellschaft von Kunst, Kunsthandwerk und Produkten weniger anderer Verlage (wie Rotopol, Hessischer Verlagspreis 2018).

Dieses Jahr konnte das Team der Galerie auf Zeit Räume in der Wolfsschlucht 19 anmieten, also in sehr guter Lage in der Kasseler Innenstadt. Zu sehen und zu erwerben sind bis zum 24. 12. täglich zwischen 11 und 19 Uhr neben meinen beiden Büchern FischWolfVogelEidechse (Yara Semmler, Leipzig: pieceofpie) und Himmel.Hölle.Heimatkunde (Nordhessischer Autorenpreis) hochwertige Produkte aus den Bereichen Produktdesign, Grafik, Illustration, Möbeldesign, Fotografie, Malerei, Textildesign, Schmuck, Glas, Keramik und Leder.


5. November 2018

An der Grenze

6. Autorenpreis-Anthologie erschienen

Gestern ist sie präsentiert worden. Jetzt ist sie online: die 6. Anthologie des Nordhessischen Autorenpreises: AN DER GRENZE. Nicht papiernen, sondern virtuell. Ob das eine Anbiederung an einen wie auch immer zu nennenden Zeitgeist ist, will ich hier nicht diskutieren. Auf jeden Fall stellt sich über die Möglichkeit, kostenlos auf die 30 Texte zuzugreifen, eine Öffentlichkeit für diese und ihre VerfasserInnen her, die ansonsten nicht zu gewährleisten ist. Manche der angefragten AutorInnen haben sich ja gescheut, der Text werde im world wide web verbrannt. Nun, der Verein aber, der für das Öffentlichmachen (nordhessischer) Gegenwartsliteratur steht, kann sich über diese Veröffentlichung freuen. Ich tue es, als Gründungs- und Vorstandsmitglied.

Zur Anthologie geht es hier .


24. September 2018

11. Kasseler Schreibcafé

Rhythmisch schreiben

Mit dem Thema beschäftigt sich das 11. Schreibcafé im Café am Bebelplatz am 27. September ab 19 Uhr. Die Schreiblehrerin Jacqueline Engelke und die Musikerin Andrea Belser geben einen ersten Einblick, wie Rhythmus in Texten entstehen kann und wie er laut gelesen klingt. Dazu werden Gedichte und kleine Texte geschrieben.
Veranstalter des Kasseler Schreibcafés ist das Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen (das ich 2014 gründete) in Kooperation mit dem Café am Bebelplatz. Das Schreibcafé, das dreimal im Jahr stattfindet, jeweils unter Leitung einer anderen Schreiblehrerin, ermöglicht das Hineinschnuppern, das Antesten des Kreativen Schreibens. Vorkenntnisse und eine Anmeldung für den Workshop sind nicht erforderlich.
Im Zentrum des Abends steht das praktische Tun. Papier und Stifte müssen mitgebracht werden. Das Vorlesen der geschriebenen Texte ist freiwillig.

Veranstalter: Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen, in Kooperation mit dem Café am Bebelplatz
Leitung: Schreiblehrerin Jacqueline Engelke und Musikerin Andrea Belser
Termin: Donnerstag, 27. September 2018
Zeit: 19 bis ca. 21.30 Uhr
Ort: Café am Bebelplatz, Friedrich-Ebert-Straße, Kassel, Tram 4 + 8
Eintritt: 5 Euro + 1 Getränk im Café


10. September 2018

Frauen schreiben

Noch Plätze frei in Schreibwerkstätten

Schreiben in einer Gruppe Gleichgesinnter: Kreatives Schreiben, Geschichten und Gedichte, autobiografische Texte, Methoden gegen Schreibblockaden, Textkritik – die Frauenschreibwerkstatt vermittelt Handwerkszeug und fördert die Lust am eigenen Schreiben.
In zwei Kursen mit insgesamt neun Gruppensitzungen sind noch einige Plätze frei: montags von 9 bis 11 Uhr sowie mittwochs von 19 bis 21 Uhr. Die Kurse starten am 10. bzw. 12. September.
Infos und Anmeldung: Kirsten Alers, Tel. (0 56 05) 92 62 71


20. August 2018

2. korrigierte Auflage Schreiben wir!

(M)Eine Schreibgruppenpädagogik ist wieder erhältlich

Die erste Auflage ist fast ausverkauft. Und der Schneider-Verlag hat sich entscheiden, mir die Gelegenheit zu geben, die Fehlerchen zu korrigieren, um dann eine 2. Auflage von Schreiben wir! Eine Schreibgruppenpädagogik auf den Weg zu bringen. Ich freue mich!
Der Preis hat sich nicht verändert (18 Euro), wohl aber die ISBN, die neue ist 978-3-8340-1874-8; 184 Seiten; 20 Abbildungen. Die 2. korrigierte Auflage ist über den Buchhandel ab sofort zu beziehen.

Der Klappentext:
Schreiben wir! Eine Schreibgruppenpädagogik
Menschen schreiben in Gruppen. Seit Jahrhunderten. Schaffen literarische Kulturen, tragen bei zur Demokratisierung des Schreibens. Und seit rund 50 Jahren verstärkt – mit unterschiedlichen Zwecken und Rahmungen und meist unter den Ideen des Kreativen Schreibens und der Literarischen Geselligkeit.
Diese Schreibgruppenpädagogik geht der Hauptfrage nach, was das Schreiben in Gruppen ist und welche ,Gewinne’ sich zeigen, wenn Menschen in Gruppen schreiben. Sie nimmt dabei speziell eine Domäne in den Blick: die des Kreativen Schreibens in Gruppen in der Jugend- und Erwachsenenbildung außerhalb der klassischen Bildungsinstitutionen Schule und Hochschule.
Sie leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung und Theorie einer kritischen Fachpädagogik, sie liefert an der Schnittstelle Theorie/Handwerkszeug wissenschaftliches Hintergrundwissen ebenso wie Ideen für die Lehrpraxis und ist damit eine Handreichung für Menschen, die Schreibgruppen leiten und/oder Schreibprozesse begleiten (wollen) und sich dabei als Ermöglichende und Forschende verstehen.
Die Schreibgruppenpädagogik wird in sieben Kapiteln dargestellt:

  • Geschichte des Schreibens in Gruppen
  • das System Gruppe: Gruppenpädagogik und Gruppendynamik
  • das System Schreiben: Schreibprozess, -strategien und -kompetenzen
  • das System Didaktik für (kreative) Schreibgruppen
  • Anleitung zur Entwicklung von Schreibgruppenkonzepten
  • zehn durchdachte und erprobte Schreibgruppenkonzepte
  • Übungen- und Notfallkoffer: für Anfang und Ende, Feedback, Schreibprobleme und Gruppen­krisen


16. Juli 2018

Nach dem Fußball

Von der Entdeckung einer französischen Autorin

Gestern ist die Männer-Fußballmannschaft aus Frankreich Fußball-Weltmeister geworden. Viele freuen sich, mir ist das ziemlich egal (wäre es auch, wäre es eine deutsche Mannschaft), aber natürlich gönne ich den vielen Begeisterten ihre Begeisterung. Mich begeistern andere Dinge – deshalb gibt es ja auch nicht nur Fußball-Stadien und Fußball-Zeitschriften, sondern auch Verlage, ÜbersetzerInnen und Bücher, vor allem die. Und auch welche aus Frankreich bzw. von französischen AutorInnen.
Eigentlich lese ich selten übersetzte Werke, aber dieses Mal machte ich eine Ausnahme und wurde belohnt. Ich las Die Jahre von einer der wohl aktuell hochgelobtesten französischen SchriftstellerInnen: Annie Ernaux. Ich kannte sie nicht, bevor die Teilnehmerinnen eines Workshops im Juni mir eben jenes Buch Die Jahre schenkten. „Alle Bilder werden verschwinden.“ Das ist der erste Satz. Und dann eine Aufzählung, seitenlang, der Bilder, die verschwinden werden, ihre Bilder, die präsent, die bedeutsam sind, persönliche, aber auch universelle. Mit ihr, der Autorin und Erzählerin und Protagonistin, werden sie alle verschwinden in ihrer ganz speziellen Färbung. Wenn sie nicht schreibt. „Etwas von der Zeit retten, in der man nie wieder sein wird.“ Das ist der letzte Satz. Schreibend etwas retten von der Zeit. Die ihre war, die meine, unsere war.
Annie Ernaux ist 1940 geboren und nimmt die LeserInnen mit durch nahezu 70 Jahre Geschichte. Geschichte der Suche, des Widerstands, der Begegnungen, der Transformationen, des Scheiterns und Hoffens. Obwohl ich immer mal wieder zwischendurch dachte, ich hätte jetzt gern als Referenz den deutschen Ort, das deutsche Buch, die deutschen PolitikerInnen anstatt der französischen, die ich oft nicht kannte, hat mich diese Art, Autobiografisches mit Zeitgeschehen zu verknüpfen nicht zuletzt deshalb fasziniert, weil die Autorin mich mit ihren Stil, der manches Mal an freies Assoziieren, an ein Schreiben des Bewusstseinsstroms erinnert, zu meinen scheint. Als säßen wir uns gegenüber und ich hörte zu, streute mein Leben dazwischen, verstünde. Verstünde, wie Anderen das Leben gelingt, wie sie es jenseits des Mainstreams gestalten oder darin herumstolpern, als sei es nicht ihr eigenes und einziges ...

Ernaux, Annie (2018): Die Jahre. Roman, 5. Auflage. Berlin: Bibliothek Suhrkamp (Original 2008)


23. April 2018

Unbedingt lesen!

Bücher dieses Frühjahrs

Weil heute Welttag des Buches ist, empfehle ich ein Bücher, die ich in diesem Frühjahr mit Genuss gelesen habe (und auch wenn ich auch manchmal Bücher von männlichen Autoren lese – die von Frauen möchte ich würdigend zeigen, weil sie immer noch skeptischer betrachtet, als Fräuleinwunder diffamiert oder schlicht ignoriert werden):

Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe. Roman. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2017.
Dunja, eine alte Frau, und ein paar andere Alte gehen zurück in ihr Dorf in der Todeszone am Reaktor von Tschernobyl, um dort bis zu ihrem Tod zu leben: skurril und sprachlich überzeugend, vor allem aber von der ersten bis zur letzten Seite berührend.

Lily King: Euphoria. Roman. München: C. H. Beck 2015.
Inspiriert vom Leben der Ethnologin Margaret Mead wird die Geschichte dreier EthnologInnen in den 1930er Jahren in Neuguinea erzählt; neben der (erwartbaren) Dreiecksgeschichte geht es aber vor allem um Blicke, Macht, Herrschaft – die Konstruktion von Wirklichkeit wird zart und schonungslos zugleich überzeugend erzählt.

Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann. Roman. Köln: DuMont 2017.
Luise ist Selmas Enkelin und darf leben in der Liebe der Großmutter und in einem Dorf, das Platz für viele und vieles hat – aber trotzdem bleiben die schrecklichsten Erschütterungen nicht außen vor, und die Liebe ist auch hier nicht einfach da und manchmal ist sie unerreichbar.

Jeanette Winterson: Warum glücklich statt einfach nur normal? München: Hanser 2013.
Eine Frau, die als Kind adoptiert wurde und eine Kindheit erleben musste, in der sie als die, die sie war, nicht vorkam, befreit sich mühsam, um leben zu können: nicht normal, sondern glücklich (oder wenigstens als sie selbst).

Juli Zeh: Leere Herzen. Roman. München: Luchterhand 2017.
Ein Science Fiction, in dem man die aktuelle Gesellschaft – bis auf einige Skurrilitäten – eigentlich schon erkennen kann. Die Protagonistin Britta lässt sich (gezwungenermaßen) in ihren Grundfesten erschüttern, als eine ihrer KandidatInnen nicht mitspielt, aber auch nicht wieder verschwindet.


26. März 2018

Mehr als Fassade

Masterstudiengang Biografisches und Kreatives Schreiben

Die Alice Salomon Hochschule kennen jetzt alle, na ja, also ... viele, z. B. die, die FR, FAZ, DIE ZEIT, Blogs etc. lesen. Alle haben sich geäußert zum Beschluss, ein Gedicht von der Südfassade zu entfernen. Ich auch, nachzulesen in meinem Blog-Eintrag vom 5. Februar 2018.
Diese Hochschule ist mehr als Fassade, sie bietet qualitativ hochwertige Studiengänge, znetral ist die Soziale Arbeit. Ergänzt werden grundständige Studiengänge durch konsekutive und Weiterbildungsmasterstudiengänge – einer davon ist meiner ... also, nein, nicht im Besitzen-Sinne, sondern meiner im Sinne von: Ich bin eine der rund 20 Lehrenden am Masterstudiengang Biografisches und Kreatives Schreiben, den es seit knapp zwölf Jahren gibt. Ich bin von Beginn an als Dozentin für die explizit pädagogischen Fächer Schreibgruppenpädagogik und -dynamik sowie für die Begleitung der Versuche in der Praxis zuständig.
Im Oktober soll der 13. Jahrgang starten. Die Bewerbungsfrist läuft am 30. Juni aus. Nähere Infos gibt es hier.
Der Studiengang ist der einzige seiner Art im deutschsprachigen Raum. Er hat nicht den Anspruch, AutorInnen auszubilden, sondern den, Menschen zu befähigen, Schreibgruppen zu leiten und (individuelle) Schreibprozesse (biografische, literarische, wissenschaftliche und jourmalistische) zu begleiten. Wenn er nicht (u. a. von Lutz von Werder) erfunden worden wäre, müsste das unbedingt nachgeholt werden!


19. März 2018

études

Fingerübungen à la Friederike Mayröcker

In meinen Schreibwerkstätten gehört zum festen Repertoire die Kopie eines Schreibstils, der Textmuster eines Textes einer bekannten Autorin, eines bekannten Autos. Beim Nachahmen, als bei der Kopie des Stils, der Muster, muss ich weggehen von dem, was ich sonst immer tue, muss meinen Inhalt eine andere Form geben – und über dabei bestimmte Stilelemente und Textmuster. Hier möchte ich ein Beispiel aus meiner eigenen Feder dokumentieren, bei dem ich mich der Nachahmung eines sehr speziellen Textes von Friederike Mayröcker gestellt habe.

27. 3. 11
dieses Vöglein Vögelchen mit der Trompete nämlich im Regenschauer des Morgens wehe mein Herz wie Tränen am Fenster Perlen April usw., trippele durch die Träume, Sufistimme Satie, kretische Steine auf meinem Herzen wie ich erkenne Weide Flüsse und Wälder damals im Brausen und Hand in Hand, die weiszen Füsze des Kranichs das Blättchen Entzündung der Rose, die errötende Blume und wie sie ins Herz gelodert, bin eingesponnen in Forste Fittiche Fingerchen, hatte geküszt 1 grüne Blättchen hinter Parkgitter Heidelerche Wildtaube Zeisig in meiner Einfalt. Auf blauen Stoffgürtel tretend mein Gotteshirn – hatte zu Hase geflüstert LAPIN oder zerknalltes Kaninchen, solche Vöglein Vögelchen glucksend (aus der Erde guckend) oder wenn diese Romi entlangschläft entlangschleift mich meine deren Schatten mir auftaucht, wie’s windet ........ die Thaya nämlich war vorübergewischt hatte genäselt im Flur usw., ausgeblasenes Föhnchen wie’s mundet. (aus: Friederike Mayröcker: études, 2013, S. 20)

8. 3. 18, Sylt
tote Fliege im Kirschsaft, nämlich identitätsstiftendes Anhängsel wie gestern, und immer so viel Himmel, die Freiheit zur Kür usw., im Lazarett gestanden, Luisas Stimme ein Reim ist ein Keim, lass sie doch mit ihrem Tee und ob hier das Und oder das Aber gilt, Kobra Hund Adler am Spülsaum Mörderwellenzungen, das wollige Gelb am Tunnelausgang, Rosen und ihre Klischees zerkratzen Beine, im Land der Lächelnden der Süden eine 5, die 6 eine perfekte Vibrationszahl, zur Stille geworden, bin gefangen hinter meiner Stirn mit Möwen, Mobiles, Mimosen, im besten Fall im Labyrinth, hätte parliert mit Fried, Krishnamurti, Simone, Hannah, Rosa, Xanthippe. Herzenspochen Herz gesprochen, wie heißt der Sog, Beklemmung ob der Weite, bin chinesische oder 12-Ton-Melodie plötzlich am Mittag, Wutwind, Wahrheitswirbel, zerstäubtes Blütchen, Blütlein gelb vom Ginster, finster (Silberfäden aus der Erde ziehend), eingepfercht in Kategorien, bestimmt entstimmt, über all dem Falb, unter all dem Blau über dem Nebel, wie es, er, treibt nagt zerrt beißt zermürbt. Der Tunnelmolch, die Amöbe, entwischt heute früh, nichts kommt mir entgegen, acht Wörter auf der Zunge, ohne Mütze, und Hinkekästchen mit Glückskeks.


12. Februar 2018

Meine Herren

(K)eine Satire (eine wahre Geschichte)

Die Szenerie:
Januar 2018, eine westdeutsche Metropole, ein Opernhaus, eine Orchesterprobe, ein Orchester mit 70 MusikerInnen, etwa 30 Frauen und 40 Männer, ein 35-jähriger südeuropäischer Gastdirigent.
Die Geschichte:
Giulio Antinori (so nenne ich ihn einmal), der Dirigent, kommt herein, klopft mit dem Taktstock aufs Pult: „Meine Herren, guten Morgen, bitte den Tristan, zweiter Akt.“
Das Orchester beginnt zu spielen. Gesa (so nenne ich sie einmal), Oboistin, zögert ... – ,meine Herren’, wieso soll sie bei der Aufforderung spielen? Kommt der damit woanders durch? –, dann spielt sie doch.
„Nein, meine Herren, so geht das nicht, bitte die Dynamik im Blech, die Striche in den Bratschen, noch einmal ab Takt 17.“
Gesa kann es nicht glauben. Sie weiß, dass sie als die Emanze des Orchesters gilt, sie hat den Ruf doch eh weg, also kann sie auch ... Doch sie spielt. Sie ist müde, sie ist es so leid, immer wieder dieses Kämpfen ... Sie verweigert nicht das Spielen, sie steht nicht auf, sie sagt nichts. Nicht in der Probe.
Nach der Probe fragt sie ihre Kollegin Gudrun, ob sie das nicht stört mit der Anrede. „Ach, der ist doch Italiener“, sagt diese und grinst. Sie fragt eine Geigerin. „Was du dich auch immer gleich so aufregen musst. Das ist doch nun wirklich nicht schlimm“, sagt diese und wendet sich ab.
Am nächsten Tag bittet Gesa Giulio Antinori um ein kurzes Gespräch vor der Probe. Sie bittet ihn, auch die Frauen anzusprechen. Er entschuldigt sich sofort, erzählt, dass er auch in Turin bereits darauf angesprochen worden ist, Signore e Signori zu sagen.
„Meine Damen, meine Herren, heute noch einmal Tristan und Isolde.“ Giulio Antinori hebt seinen Taktstock.
Gemurmel, Getuschel, wer hat denn da wohl was gesagt? Alle wissen es sofort und drehen sich zu Gesa. Sie steht lächelnd auf, verbeugt sich mit großer Geste. Ist der Ruf erst ruiniert ..., denkt sie, aber es hat sich doch gelohnt.


29. Januar 2018

Quo vadis?

Nordhessischer Autorenpreis

Es ist vorbei – für mich ist es vorbei. Ich will aus der allerallervordersten Reihe des Nordhessischen Autorenpreises zurücktreten. Platz machen. Mit einem lachenden Auge mache ich Platz, weil dieses lachende Auge auf drei (wissenschaftliche) Buchprojekte schaut, die da gären und realisiert werden wollen. Mit einem weinenden Auge mache ich Platz, weil dieses weinende Auge auf etwas schauen wird, was dann nicht mehr meins ist, was Andere ganz anders machen werden. Das kann ich schwer aushalten. Da muss ich wirklich ganz wegschauen. Und erst ganz am Ende, wenn es um den Verlag geht, vorsichtig auf das Neue, das von Anderen in die Wege geleitete Neue schauen.
Jedenfalls: Damit der Nordhessische Autorenpreis, zuvorderst erst einmal die Anthologie aus dem Wettbewerb AN DER GRENZE, weiterleben kann, gibt es ein Interesssiertentreffen. Meine Vorstandskollegin Jana Ißleib und ich laden ein zur

Gründung einer Anthologie-Arbeitsgemeinschaft
am Dienstag, 6. Februar 2018
um 18 Uhr
in die Werkstatt Kassel (Friedrich-Ebert-Straße 175)


22. Januar 2018

Anfänge schreiben

9. Kasseler Schreibcafé am 25. Januar

„Anfänge“ sind das Thema des 9. Kasseler Schreibcafés am 25. Januar im Café am Bebelplatz. „Es ist Januar, das Jahr ist jung“, sagt Maria Knissel, die den Workshop leiten wird, „wir legen also einfach los und bringen Worte, Zeilen, Sätze auf die Welt, die vielleicht der Anfang von mehr sein können.“
Die seit zwei Jahren in Kassel lebende Schriftstellerin ist mit ihren Romanen bundesweit auf Lesebühnen unterwegs und erhielt für ihre Projekte mehrfach Stipendien des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Seit Herbst 2017 leitet sie die „Schreibgruppe Kassel“, ein Kooperationsangebot der Autorenschule Textmanufaktur und dem Literaturhaus Nordhessen e.V.
Veranstalter des Kasseler Schreibcafés ist das Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen in Kooperation mit dem Café am Bebelplatz. Das Schreibcafé, das dreimal im Jahr, jeweils unter Leitung einer anderen Schreiblehrerin, stattfindet, ermöglicht das Hineinschnuppern, das Antesten des Kreativen Schreibens. Vorkenntnisse und eine Anmeldung für den Workshop „Anfänge“ sind nicht erforderlich. Das Vorlesen der geschriebenen Texte ist freiwillig.

Leitung: Maria Knissel (Schriftstellerin)
Termin: Donnerstag, 25. Januar 2018
Zeit: 19 bis ca. 21.30 Uhr
Ort: Café am Bebelplatz, Friedrich-Ebert-Straße, Kassel, Tram 4 + 8
Eintritt: 5 Euro + 1 Getränk im Café


6. November 2017

An der Grenze

Verleihung des 6. Nordhessischen Autorenpreises am 9. November 2017

Grenzzäune und verminte Todesstreifen, innere Grenzen und Entgrenzungen, rote Linien und Schwellenangst, Grenzgängerinnen und ein Bogen, der überspannt wird – AN DER GRENZE war der Titel des Literaturwettbewerbs zum 6. Nordhessischen Autorenpreises, der am 9. November in Kassel verliehen wird.
Vier Preise vergibt die Jury, bestehend aus Bettina Fraschke (HNA-Kulturredakteurin, Kassel), Andrea Gunkler (Autorin, Niederaula), Alf Mayer (Schriftsteller, Bad Soden/Taunus), Karl-Heinz Nickel (Literatur-Spaziergänger, Kassel), Brigitte Noll (Germanistin, Kassel), Heiko Schimmelpfeng (Redakteur (k)KulturMagazin, Kassel) und Irene Schweizer (Buchhändlerin, Kaufungen/Kassel).
213 Autorinnen und Autoren aus Nordhessen und anderen Teilen der Welt haben sich beteiligt. „Omnia“, „Schlammzeit“, „Alles in Ocker“ und „Antiterror Podcast“ – so die Titel der vier Texte, die die Jury für die Preise des 6. Nordhessischen Autorenpreises ausgewählt hat. Die Laudatio hält Heiko Schimmelpfeng als Sprecher der Jury. Die bepreisten Texte werden von den Autoren selbst während der Preisverleihung am 9. November 2017 im Regierungspräsidium Kassel, Am alten Stadtschloss, gelesen.
Der Vorstand des Vereins Nordhessischer Autorenpreis e.V., Kirsten Alers, Jana Ißleib und Carmen Weidemann, moderiert die Veranstaltung, die der Schlagzeuger Jonas Giger (Kassel) musikalisch begleitet. Sie ist öffentlich und beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Verleihung des 6. Nordhessischen Autorenpreises
Donnerstag, 9. November 2017, 19 Uhr
Regierungspräsidium Kassel, Am alten Stadtschloss 1, großer Sitzungssaal, 1. Stock


23. Oktober 2017

Die Listensammlerin

Eine Lektüre- und Schreib-Empfehlung

„Oft weiß Sofia nicht aus noch ein: An das Dasein als Mutter hat sie sich noch nicht gewöhnt, ihre kleine Tochter wird bald am Herzen operiert, Sofias überfürsorgliche Mutter ist mehr Last als Hilfe, und ihre alte Großmutter dämmert dement vor sich hin. Nur ihre Leidenschaft, Listen anzulegen – Listen der peinlichsten Kosenamen, der witzigsten Neurosen, der schlimmsten Restaurants etc. –, bringen ein wenig Ordnung in Sofias Leben. Da macht sie in der großmütterlichen Wohnung eine Entdeckung: eine andere Listensammlung, in vergilbte Hefte notiert, in kyrillischer Schrift – die Familie hat in den Siebzigern die Sowjetunion verlassen. Über diesen Fund stößt Sofia auf einen geheimnisvollen Onkel, von dem nie jemand sprach: Onkel Grischa, ein Querkopf und schräger Vogel, der sich im Untergrund betätigt hat, der alle in Gefahr brachte und den trotzdem alle liebten. Anhand der Listen spürt Sofia Grischas dunkler Geschichte nach und entdeckt, was die Vergangenheit für das Jetzt und für sie bedeuten kann … Die Listensammlerin erzählt mitreißend und mit herrlich originellen Figuren die Geschichte von Grischa und Sofia. Ein oft komischer, warmer und lebensnaher Familienroman, der gar nicht so einfache Fragen stellt: was Familie, Nähe und Fremdsein bedeuten – und wer man selber ist.“
Soweit der Text von der Website des Rowohlt-Verlags. Mich haben natürlich (jenseits der wirklich spannenden und gut erzählten Geschichte) die Listen fasziniert – sie sind tatsächlich auch eine famose Schreibanregung (für eigenes Schreiben oder für Schreibgruppen).
Listen? Was für Listen? Auf die Frage eines Therapeuten, zu dem ihre Mutter sie als Jugendliche ,schleppt’, was es denn für Listen seien, die sie führe, antwortet Sofia: „Oh, sehr verschiedene. Also, ich habe zum Beispiel eine Liste schöner Menschen. Ich habe eine Liste mit Büchern, die mich zum Weinen gebracht haben, eine Liste mit Büchern, die ich besser nicht gelesen hätte, eine mit Büchern, die ich noch einmal lesen will. Eine mit Büchern, die noch geschrieben werden müssen, eine mit Büchern, die ich gerne schreiben würde. Ich habe auch eine Liste mit möglichen Allergien, eine mit Tomatengerichten, eine mit Gerichten, die Zwiebeln enthalten, weil Frank keine Zwiebeln verträgt. Ich habe eine Liste mit tollen Hundenamen, eine mit peinlichen Kosenamen, eine Liste mit Lehrern, die besser etwas anderes hätten werden sollen, eine mit Ideen, was für andere Jobs diese Lehrer sich hätten suchen sollen, eine Liste mit Begriffen, die ich mal nachschlagen muss, weil ich mir nicht sicher bin, was sie bedeuten, eine Liste mit meinen Aufstehzeiten seit dem 23. Dezember letzten Jahres, eine Liste mit Schimpfwörtern, die die Jungs aus meiner Klasse benutzen, eine mit meinen Noten in allen Fächertn. Eine Liste mit Dingen, die ich niemals geschenkt haben möchte, eine mit Stars, die ich gerne treffen würde, eine mit Stars, die ich gerne wäre, eine mit Sätzen, die meine Mutter wiederholt, eine mit den Noten von Christina, das ist meine beste Freundin, eine mit den Anrufzeiten von Christina seit diesem Schuljahr, eine mit den Kuchen, die meine Großmutter backt, sie probiert gerne neue Rezepte aus. Soll ich weitermachen?“ (S. 64f.)

Lena Gorelik: Die Listensammlerin. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 2015 (1. Auflage 2013)


4. September 2017

Erst lesen. Dann schreiben

Aufforderungen zum Lernen

Kann man das Schreiben lernen? Jahrhunderte lang war man im Speziellen in Deutschland davon überzeugt, dass man zwar das Musizieren, Malen oder Tanzen lehren und also üben und lernen kann, nicht aber das literarische Schreiben – dazu musste man schon als Genie geboren sein. Seit rund 30 Jahren nun zweifelt man auch in Deutschland nicht mehr an, dass Schreiben lehr- und lernbar ist, man fragt sich allerdings, wie das geschehen soll. Im Kontext der (wissenschaftlichen) Debatte, die im Zuge der Gründung des Deutschen Literaturinstituts in Leipzig 1995 und des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim sowie der Implementierungen der ersten Schreib(beratungs)zentren an deutschen Hochschulen/Universitäten intensiv geführt wurde, setzten sich auch AutorInnen und Lehrende damit auseinander, wie sie das Schreiben gelernt haben. 22 geben dementsprechende essayistische Selbstauskünfte über ihre literarischen Vorbilder und wie sie was von ihnen gelernt haben in dem Sammelband Erst lesen. Dann schreiben. Lernen von Vorbildern heiße, so der Schriftsteller Burkhard Spinnen: „ganz wesentlich geht es um Aneignung und Metamorphose“ (S. 259). Robert Gernhardt, Hanns-Josef Ortheil, Daniel Kehlmann und Antje Rávic Strubel. Das Buch ist ein wunderbares Plädoyer dafür, sich mit der Gemachtheit von Literatur auseinanderzusetzen, nicht um ,große’ zu kopieren, sondern um die Palette des eigenen poetischen Ausdrucks zu erweitern.

Porombka, Stefan / Kutzmutz, Olaf (2007): Erst lesen. Dann schreiben. 22 Autoren und ihre Lehrmeister. München: Luchterhand. (U. a. geben Selbstauskunft Robert Gernhardt, Hanns-Josef Ortheil, Daniel Kehlmann und Antje Rávic Strubel.)


21. August 2017

Urlaubslektüre

Entdeckungen

Im Urlaub lese ich auch mal Bücher, die ich nicht für die Arbeit brauche, genauer gesagt: Ich erlaube mir, Bücher zu lesen, deren direkte Verwendbarkeit für die Arbeit nicht schon auf dem Klappentext ersichtlich ist – und so entdecke ich dann doch Spannendes (das erstaunlicherweise oft auch noch verwendbar ist). Hier also die Liste meiner mit Genuss gelesenen Bücher (nicht ganz bzw. überhaupt nicht zufällig, dass fast alle aus der Feder von Autorinnen stammen):

  • Kristine Bilkau (2017): Die Glücklichen, btb. Wie ein junges Paar mit Kind und akademisch-künstlerischen Berufen versucht, nicht an den Zumutungen der Postmoderne zu scheitern.
  • Lena Gorelik (2015): Null bis Unendlich, Rowohlt. Es geht um Sprache, Liebe und Weltsichten von Nils und Sanela aus Jugoslawien.
  • Ayelet Gundar-Goshen (2015): Löwen wecken, Kein und Aber Verlag. Ein Roman aus Israel, in dem die Hauptfigur um sein Selbstbild ringt; nebenbei geht es um Flüchtlinge aus Eritrea.
  • Susann Pásztor (2017): Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster, Kiepenheuer & Witsch. Eine anrührende und zur Selbstreflexion des eigenen Gutmenschenanteils geeignete Geschichte über eine Sterbebegleitung.
  • Yasmina Reza (2017): Babylon, Hanser. Es geht um bürgerliche Doppelmoral und das Scheitern an Idealen.
  • Fred Vargas (2002): Bei Einbruch der Nacht, Aufbau Taschenbuchverlag. Ein spannender Krimi (und auch ein Roadmovie), der in Südfrankreich spielt und in dem die Charaktere wunderbar gezeichnet sind; nebenbei geht es ums Thema Wolfseinwanderung.


24. Juli 2017

100 Arten ...

... die Documenta zu betrachten (Teil 1)

Unter der Blog-Rubrik Schreibanregungen findet man am 13. März 2017 ein Gedicht von Wallace Stevens: Dreizehn Arten, eine Amsel zu betrachten. Seit ich es kennen gelernt habe, ist es einer meiner Lieblingsschreibimpulse. Und so habe ich ihn auch verwendet, um einen Blick oder 13 Blicke oder 100 Blicke auf die Documenta zu werfen. Die ersten können jetzt hier gelesen werden:

24 Arten, die Documenta 14 zu betrachten
I. Noch nichts gefunden, an dem ich etwas verlernen könnte.
II. Weil es Ithaka gibt und ich es erst ganz am Ende erreichen werde, muss mir Ithaka nichts mehr sein, weil alles alles davor nur passiert ist, weil ich auf dem Weg nach Ithaka war, und das war es ja dann, was Ithaka mir war.
III. Der Zwang zur Norwegisierung, dem die Sami ausgesetzt sind, führt zu Vorhängen und Halsschmuck aus Rentierschädeln in alter dunkler Posthalle.
IV. Wer hat Schloss aus Glas je auf welchen Index gesetzt, sodass es das Recht hat, eingeschweißt den Sommer auf dem Friedrichsplatz zu verbringen (wobei ich dieses Buch unbedingt zu lesen empfehle).
V. Wenn Elefanten kämpfen, leidet der Frosch und Fluxus aufersteht im und am Küchengraben und die Gänse schnattern was auch immer, nur Ben Patterson ist schon tot.
VI. Wenn man nichts verstehen will, versteht man auch nichts.
VII. Indigo kommt aus grünen Pflanzen, die das Blau als ihr Geheimnis bewahren.
VIII. Und alle wissen, wo sie nach Lösungen zu suchen haben, nur die nicht, die mitten im Problem sitzen.
IX. Ich sehe das, was in meine Kategorien passt, und trete einen Schritt zurück, als ich Kassel lese statt Minsk oder Incirlik.
X. Warum muss ich Kaffee aus Pappbechern und für 3,80 Euro trinken?
XI. Die Suche, immer die Suche nach der Ästhetik des Widerstands (auch Jahrzehnte nach der Lektüre von Peter Weiss), nach dem, wie sich Kunst zur Gesellschaft stellt und lustvolle und farbenfrohe Antikategorien entwirft; fündig geworden in der Gottschalkhalle.
XII. Zu viel Dokumentarisches, sagte Friedrich. Zu wenig Farbe, sagte Marie-Luise. Die Kunst liegt unter dem Hauptbahnhof, schrieb Barbara.
XIII. In meinem Garten blüht roter Mohn – und ich weiß nicht, ob es der ist, den ich von Karla bekam, oder der, der zehn Jahre gebraucht hat, um von Kassel nach Kaufungen zu wehen.
XIV. In Resonanz zu gehen, kann zu Verhaftungen führen, wenn es um das echte Leben jenseits der Kunst geht, in dem nämlich Krauss-Maffay-Wegmann Kriegsgerät im Namen der Bundesregierung für Saudi-Arabien herstellt.
XV. 82 Übersetzungen von Goya-Gemälden und ein Trojanisches Pferd, das an Johanni verbrannt wurde, also entkommt doch niemand der Verdammnis – erst angetan, dann in Distanz, jetzt im Zweifel, ob dieser Künstler schon einmal etwas von Hexenverbrennungen oder sich gerade darauf ...
XVI. Die Annahme einer Multiperspektivität und das In-Erwägung-Ziehen, dass ich nicht Recht habe, ermöglicht das Staunen.
XVII. Die Essbare Stadt ist auch dabei und die Werkstatt und Jana.
XVIII. Barbara kommt. Marion kommt. Christine kommt.
XIX. Mich interessiert nicht, was die KünstlerInnen mir sagen wollen – ich bin eine Amöbe.
XX. Die Gazekugel – hineingeschmuggelt und nicht entfernt (so wie der Sandwichdemonstrant).
XXI. Wenn die Banane in der Pyramide etwas erzählen könnte, würde sie dann von Flüchtlingen erzählen, die als Blinde Passagiere auf ihr nach Europa kamen?
XXII. Auf einmal ist alles bedeutsam.
XXIII. Sind wir nicht alle Documenta? Sei Documenta! Leg dich im Fridericianum auf das Lichtmosaik – ähm, nein, so hatte ich das nicht gemeint, tiefer, anders eben, grundsätzlicher, wesentlicher natürlich. Ich scheitere.
XXIV. Und weißer Rauch steigt auf: Habemus ... – oder alles Schall und Rauch?


8. Mai 2017

Wortweise Wege gehen

7. Kasseler Schreibcafé am 11. Mai

Das 7. Kasseler Schreibcafé steht ganz im Zeichen von Sprachkürze und Denkweite. Die Gedanken fließen in ein einziges Wort. Es steht am Anfang eines Wortweges. Durch Weglassen, Hinzufügen und Austauschen einzelner Buchstaben entsteht ein neues Wort. Hinter jedem Wort kann sich dann ein Wortraum öffnen. Das 7. Kasseler Schreibcafé wird veranstaltet vom Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen in Kooperation mit dem Café am Bebelplatz. Am 11.Mai kann man ab 19 Uhr unter der Leitung von Ellen Volkhardt ganz zwanglos in die Welt der Buchstaben eintauchen. Dabei werden Worte geschöpft, gefunden, verwandelt. Wer möchte, kann seinen so gehobenen Wortschatz in ein kleines Büchlein zusammenheften. Materialien dafür sind vorhanden.

Veranstalter   Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen,
in Kooperation mit dem Café am Bebelplatz
LeitungEllen Volkhardt
TerminDonnerstag, 11 Mai 2017
Zeit19 bis ca. 21.30 Uhr
OrtCafé am Bebelplatz, Friedrich-Ebert-Straße, Kassel, Tram 4 + 8
Eintritt5 Euro + 1 Getränk im Café


27. März 2017

Antworten – warum?

Der Sog von Fragen

Angestochen durch das Buch Roman in Fragen von Padgett Powell habe ich vor einigen Wochen angefangen, reine Fragentexte zu schreiben. Und bin nach dem Lesesog in einen regelrechten Schreibsog geraten. Echte Fragen, noch nie gestellte Fragen, sinnlose Fragen, banale Fragen philosophische Fragen, Fragen à la Pablo Neruda – diese Art des Schreibens ist eine (zumindest mich gerade) faszinierende Mischung aus Reflexion und (fast) Automatischem Schreiben. Hier eine meiner Texte aus diesem Monat als Kostprobe:

Fragen
Wird die Welt heil? Wer nur sehnt sich nach dem Paradies? Was hat Luther mit den Nationalsozialisten zu tun? Wer stöhnt da schon wieder? Warum habe ich keinen E-Bass? Wobei soll ich denn den Waschbär beobachten? Was bringt es, Handball im Fernsehen zu schauen? Welche Socken passen an Barbaras Füße? Kommen Engel bei Fehlverhalten in die Hölle? Was zagst du? Kann ich eine Fahrt auf der Hoppetosse buchen? Laufen Isländerpferde auch auf Island im Passgang? Was bedeutet Tölt? Warum steht das Wort immermehr nicht im Duden? Wohin soll der Wind denn übermorgen mal wehen? Kommen Botschafter mit Botschaften oder mit Spionageaufträgen? Gibt es Botschafter mut Botenstoffen? An welchen Stellschrauben könnte ich mal drehen? Welches Gefüge lechzt danach, aus den Angeln gehoben zu werden? Woher wissen Wildschweine, wo es sich gut suhlen lässt? Brauchen wir einen Erdogan? Welche Präsidenten müssen der Welt noch widerfahren, bis die Menschen merken, was sie tun? Wohin gehen die Träume, an die ich mich morgens nicht mehr erinnere? Bleiben wirklich alle Energien erhalten? Was bedeuten Pyramiden? Warum sieht das S wie eine Schlange aus? Woher weiß man, dass Granatäpfel genießbar sind? Enden alle Geschichten mit dem Tod? Würde ich ein Elixier trinken, das mich ewig leben lässt? Wann verziehe ich endlich? Was ist Treue? Warum schaut sie wie eine Mörderin? Zu welchen Handlungen sollen Schokolade und Massage mich bewegen? Warum zerren Menschen mit niedriger Energiefrequenz an denen mit hoher? Warum gelten Blutegel als heilsam? Wobei darf niemand jemand anders beobachten? Wie haben sich die Menschen gefühlt, als sie noch nicht „Ich“ sagen konnten? Wohin gehen die Gedanken, die ich beim Yoga ziehen lasse? Warum geben gewisse Zeitungen gewissen populistischen Strömungen eine tägliche Plattform? Wann fallen wilde Horden in die Vorgärten der Braven ein?

Padgett Powell: Roman in Fragen (übersetzt von Harry Rowohlt), Berlin Verlag 2012 (1. Auflage 2009)


20. März 2017

Treideln

Lesen!

Was für ein Buch! Ich lese eigentlich kein Buch zweimal (na ja, ein paar wissenschaftliche Aufsätze habe ich schon mehrmals gelesen – und mich gewundert, was ich alles überlesen hatte oder wie ich unter einer neuen Fragestellung etwas ganz Anderes herauslesen kann). Dieses Buch habe ich zwar vom Nachttisch zum Bücherregal getragen, ich werde es aber noch heute wieder zurück zum Nachttisch (möglicherweise auch zum Arbeitstisch) tragen. Denn es ist fantastisch. Massenhaft Sätze à la Max Frisch (Schreiben heißt: sich selber lesen). Und diese Sprache: so nah an der Autorin (nehme ich an) und mich trotzdem meinend (nehme ich an). Und das Fragmentarische (frühromantische Vorwegnahme des die Welt nicht anders fassen könnenden postmodernen Stils), das sich dann doch zu einem Ganzen fügt. Und natürlich das Treideln, das Mäandern, das Umwege-Gehen, das Schlingern, das Straucheln, das Treideln eben. Treideln, von Juli Zeh. Die ich bewundere, nicht für Schilf, eher für Spieltrieb. Und für Treideln.


27. Februar 2017

Wie fühlt sich Depression an?

Einfühlungsversuch und Buchtipp

Auf Anregung meines Kollegen Roland Goldack versetzte ich mich letzten Donnerstag in der Schreibwerkstatt in eine Person, die an einer Krankheit leidet – ich wählte die Depression. Hier also mein Versuch, mich einzufühlen, mir vorzustellen, zu verstehen:

Diese Macht ist schwarz. Nicht wie die Nacht so samtig-schwarz, sondern wie ein schwarzes Loch. Es saugt alles an, ein Magnet, ein Monstermagnet mit einem schwarzen eisigen Schlund. In Licht-geschwindigkeit wird alles hineingesogen, alles Rot und alles Gelb und alles Blau, alles, was hell, alles alles. Nichts bleibt verschont. Das schwarze Loch ist die unerbittliche Materie, die alles alles gnadenlos anzieht, einsaugt und eliminiert. Alle Freuden, alles Helle, aber auch alle Leiden, alles Dunkle. Bis nichts mehr da ist, bis ich gar nichts mehr spüre, bis ich gar nichts mehr will – außer tot sein. Es ist die Leere, die das schwarze Loch übrig lässt. Alles verschwindet in seinem Schlund, nur die Leere nicht. Und die Leere, die füllt mich aus, in jeden Winkel dringt sie. Ich reiße die Augen auf, vor Entsetzen. Aber auch, um das kleine Fitzelchen nicht zu übersehen, das sich erfolgreich verstecken konnte, aber da ist nichts. Nur diese Leere. Nicht traurig macht sie mich, nicht bitter, nicht verzweifelt, nicht wütend, sogar die Angst verliert ihre Bedeutung. Nur entsetzt, das bin ich noch, entsetzt, weggesetzt, versetzt, verrückt. Verrückt bin ich. Denn es ist doch so: Das schwarze Loch, das ist in mir. Ich bin es selbst, die alles alles vernichtet, bis nichts mehr übrig ist und ich nur noch tot sein will. Wobei das Ich, das ist es nicht, dass das will. Denn auch das, was Ich oder Selbst oder Persona genannt werden könnte, auch das wird in den Schlund gesogen, unaufhaltsam, unerbittlich, gnadenlos. Da ist keine Hilfe. Und nichts bleibt. Außer der Leere. Da kann ich in die Tagesstätte gehen, Volleyball spielen, die Pferde füttern, Filme schauen, Musik hören, Geschichten schreiben, Freunde treffen, telefonieren – über, unter, neben, hinter allem ist immer dieses Schwarze, das alles vernichtet, kaum ist es geboren. Es duldet keine Götter neben sich, das schwarze Loch, dieses Monstrum, dieses, das in mir ist und doch um so vieles größer und stärker als alles, was ich bin. Ich bin das Plankton in den Barten des schwarzen Lochs. Und weiß nicht wie. Und wo ein Notausgang. Und warum das da ist und nicht aufhört und wie das Gegengift heißt, das die Gravitation aufhebt. Der Gegenzauber. Aus der Leere wird er nicht geboren werden. Ein Phönix wird immer aus dem Feuer geboren, niemals aus der eiskalten Leere, gegen die der Tod sich wie eine himmlische Verheißung ausnimmt. Alles implodiert und das Schwarze. Ich weiß nichts mehr. Es soll endlich aufhören. Es soll weggehen. Und aufhören.

Mehr als ein Versuch ist sicherlich das Buch von Thomas Melle Die Welt im Rücken (2016 bei Rowohlt, Berlin), in dem er in einer Mischung aus autobiografischen Erzählungen, schreibkreativen Annäherungsversuchen und Ausflügen in die Medizin sich mit seiner Krankheit auseinandersetzt. Das Buch kann gelesen werden als die Chronik einer manisch-depressiven Erkrankung, aber auch als ein literarisches Experiment, mittels der Sprache(n) die Vielschichtigkeit dieser bipolaren Erkrankung zu fassen.


20. Februar 2017

Web-Auftritt

Ein Blick über den Tellerrand

Mein Partner und Freund Uli Ahrend hat seinen Web-Auftritt aktualisiert bzw. vollkommen erneuert. Wenn man schreibt, ist das das Eine. Wenn man das zeigen will, reicht nicht das Abtippen auf der Schreibmaschine. Immer braucht es Menschen, die die die richtige Form für das Geschriebene finden, damit das Geschriebene in der Welt wirken kann, braucht es die Gestaltung. Das Layout. Das Design. Hier finden Sie das Portfolio der Satzmanufaktur.


16. Januar 2017

An der Grenze

6. Nordhessischer Autorenpreis ausgeschrieben

Immer auch und immer noch bin ich involviert in den Nordhessischen Autorenpreis, bin Kassenwartin, vor allem aber Initiatorin des Literaturwettbewerbs und Herausgeberin und Verlegerin der daraus hervorgehenden Anthologien – es ist jedes Mal eine wunderbare Erfahrung, dass ein Impuls in die Welt geschickt wird und sich dann mehrere hundert Menschen hinsetzen und schreiben! So soll es auch dieses Mal wieder sein. Der Impuls, hier ist er: AN DER GRENZE.
Ein paar Zusatzideen und natürlich die Teilnahmebedingungen findet man hier.


28. November 2016

Fährtensucherinnen

Ein langer Weg zum Buch

Am 3. Dezember präsentiere ich mit einer Gruppe Autorinnen aus Bad Hersfeld ihr neues Buch: Fährtensucherinnen. Ein langer Prozess, in den ich zuerst als Schreiblehrerin, dann als Schreibprozessbegleiterin und schließlich als Verlegerin involviert war, materialisiert sich nun in dieser Anthologie.
Buchpräsentation Fährtensucherinnen
Samstag, 3. Dezember 2016, 15 Uhr
Dippelmühle, Dippelstraße 2, Bad Hersfeld

Sieben Autorinnen gewähren Einblicke in das Zeitpanorama des 20. Jahrhunderts. In biografischen Episoden zeigen sich die Fährtensucherinnen Irene Kreissl (geb. 1925), Helga Overweg (geb. 1937), Waltraud Viehmann (geb. 1943), Wernhild Bär (geb. 1944), Monika Beisheim (geb. 1947), Andrea Gunkler (geb. 1967) und Claudia Wagner-Kempf (geb. 1970).
Sieben Frauen aus drei Generationen – sie alle sind Mitglieder der Schreibwerkstatt Dippelmühle in Bad Hersfeld und erzählen von Bombennächten und Hungerjahren, vom Kind- und Muttersein, vom Leben am Fluss, vom Fröscheküssen und vom Überwinden der innerdeutschen Grenze.
Ging es im Schreibprozess zunächst um Biografiearbeit, das Nocheinmal-Hinschauen und Erinnern, so konnten in der poetischen Gestaltung rote Fäden sichtbar gemacht werden. Auch die Korrespondenz zwischen Zeitgeschichte und indi­viduellem Leben wurde deutlich.
Vom Persönlichen ausgehend sind Erzählungen entstanden, die Gesellschaftliches spiegeln. Sie gehen weit über das Private hinaus und ermöglichen es Lesenden, eigenes Biografisches zu befragen. Folgen kann man den Autorinnen zurück nach Fulda, auf die schwäbische Alb, nach Machtlos, an die Kleine Elster, an die Nordsee – in eine andere Zeit, an andere Orte, von wo aus sie losgingen, um die Heutigen zu werden: Frauen aus Bad Hersfeld und Umgebung.

Claudia Wagner-Kempf (Hg.): Fährtensucherinnen
ISBN 978-3-935663-30-4, 180 Seiten, Paperback, Dezember 2016, 12,80 Euro
Hier können Sie das Buch bestellen.


21. November 2016

Pourquoi pas?

Befragung des Konzepts der Zweigeschlechtlichkeit

Der Transgender Day of Remembrance findet jedes Jahr am 20. November statt; er ist den trans- und intersexuellen Menschen gewidmet, die Opfer von transphobem Hass wurden. Weil gestern der 20. November war und weil ich mich schon seit meiner Kindheit und seit Mitte der 1980er Jahre auch theoretisch (u. a. während eines Studienausflugs in die Ethnologie) mit dem Zwangs-Konzept der Zweigeschlechtlichkeit auseinandersetze, will ich hier heute einen Text veröffentlichen, den ich am 10. November geschrieben habe.
Er entstand nach einem Rundgang durch die Ethnologische Sammlung der Universität Göttingen, organisiert von der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung während der Jahrestagung. Die Mitgehenden waren von Ella Grieshammer aufgefordert worden, sich von einem Objekt inspirieren zu lassen. Ich wählte als Impuls eine historische Uli-Figur aus Neu-Irland (eine Insel, die zu Papua-Neuguinea gehört). Uli-Figuren sind zweigeschlechtliche Figuren, die in Männerhäusern aufbewahrt wurden und bei Totenerinnerungsfeiern zum Einsatz kamen; die Doppelgeschlechtlichkeit wurde als Symbol für die Stärke und Macht der jeweiligen Vorfahren verstanden, die Androgynität symbolisierte aber auch die Harmonie der Weltordnung in der Vereinigung der Gegensätze.

Wäre es anders
Wäre es anders, gäbe es nicht diese Ordnung, sähen Andere nicht das in mir, was sie sehen müssen, was sie meinen, sehen zu müssen, wankten sie, stolperten sie, stockten sie, stotterten sie, zögerten sie, schauen sie ein zweites Mal hin, ließen sie sich irritieren, gäben sie sich nicht mit dem ersten Blick zufrieden, stellten sie Fragen, deren Antworten sie aus dem Konzept bringen könnten, sagten sie Oh, staunten sie ob des Ungeahnten, befragten sie ihre Konzepte von Ich und Welt, träumten sie von Utopos, sähen sie – ja, was sähen sie?
Eine Frau, die Hure, Hexe, Heilige, Amazone ist? Eine Frau, die trans*, inter*, queer ist? Zuschreibungen das. Auch das: wieder Zuschreibungen. Wieder wankten, stolperten, stockten, stotterten, zögerten sie, wieder schauten sie ein zweites Mal, träten drei Meter zurück, rückten auf Tuchfühlung heran, tasteten, röchen, schmeckten, hörten genau hin. Vielleicht, falls sie es noch aushielten, falls sie noch keine Angst bekommen hätten, falls sie noch nicht drohten, zu vergehen, sich aufzulösen, sich nicht mehr zu kennen, sich zu verlieren, zu hilflosen Neugeborenen zu werden.
Und falls also eines dieser hinschauenden Wesen übrig bliebe, nur eines, und falls es dann das Un-geheuerliche nicht verschwiege, um der drohenden Steinigung, der Einweisung in Psychiatrie oder Hochsicherheitstrakt zu entkommen, falls es sich also traute, dann würde es sagen: Es gibt Wesen, die sind Frau und Mann, also weder Frau noch Mann, also etwas Anderes, also ... Und da hörte es auf zu sprechen, das Wesen, das so mutig ein zweites, drittes, viertes Mal hingeschaut hat, denn es hätte kein Wort für das, was ich wäre, was sich zeigte, wäre es anders, gäbe es nicht diese Ordnung, diese festschreibende, zementierende, wertende, negierende Ordnung. Die tötet. Die mich tötet.


31. Oktober 2016

Von Fisch und Wolf und Heimat und Zukunft

Ein Abend mit Nordhessischer Gegenwartsliteratur

Als Verlegerin gestalte ich einen Abend mit Texten, die in meinem Verlag Wortwechsel erschienen sind. Dem Publikum gewähren die Geschichten und Gedichte Einblicke in Wohnzimmer und Politik, in Herzen und Vergangenheiten und Zukunft. In allen Facetten von der Liebeserklärung bis zur schonungslosen Analyse bereiten die Texte Literaturfans und Neugierigen aller Art Vergnügen.
Wortwechsel steht für Literatur, die aus Nordhessen stammt oder sich mit der Region verbindet, die berührt, aufregt und anregt, die das reflektiert, was war, und das ahnen lässt, was möglich sein könnte, die mitgehen und Nein sagen und Ja sagen lässt. Wortwechsel hat sich auf die Fahnen geschrieben, Autorinnen und Autoren aus der Region zu fördern und ihre Texte zu zeigen, die Nordhessen in den Blick nehmen, ohne einfach nur rückwärts gewandt kritiklos-heimattümelnd zu sein.
Es erwartet Sie eine Stunde mit Literarischem, gelesen von mir. Als Highlight des Abends ist die Präsentation des modernen Märchenbuches FischWolfVogelEidechse geplant, das in diesem Jahr erschienen ist; die Autorin und Illustratorin Yara Semmler (27) ist in Melsungen und Kaufungen aufgewachsen und wird persönlich anwesend sein, um zu lesen und Fragen aus dem Publikum zu beantworten.
Donnerstag, 3. November 2016, 19.30 Uhr, Gemeindehaus der evangelischen Kirche, Melsungen-Röhrenfurth


19. September 2016

Mein Buch!

Es ist geschafft und erschienen!

Es ist im Schneider Verlag Hohengehren erschienen (ISBN 978-3-8340-1652-2; 184 Seiten; 20 Abbildungen; 18 Euro) und natürlich in jeder Buchhandlung zu bestellen – aber auch bei mir direkt.

Der Klappentext:
Schreiben wir! Eine Schreibgruppenpädagogik
Menschen schreiben in Gruppen. Seit Jahrhunderten. Schaffen literarische Kulturen, tragen bei zur Demokratisierung des Schreibens. Und seit rund 50 Jahren verstärkt – mit unterschiedlichen Zwecken und Rahmungen und meist unter den Ideen des Kreativen Schreibens und der Literarischen Geselligkeit.
Diese Schreibgruppenpädagogik geht der Hauptfrage nach, was das Schreiben in Gruppen ist und welche ,Gewinne’ sich zeigen, wenn Menschen in Gruppen schreiben. Sie nimmt dabei speziell eine Domäne in den Blick: die des Kreativen Schreibens in Gruppen in der Jugend- und Erwachsenenbildung außerhalb der klassischen Bildungsinstitutionen Schule und Hochschule.
Sie leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung und Theorie einer kritischen Fachpädagogik, sie liefert an der Schnittstelle Theorie/Handwerkszeug wissenschaftliches Hintergrundwissen ebenso wie Ideen für die Lehrpraxis und ist damit eine Handreichung für Menschen, die Schreibgruppen leiten und/oder Schreibprozesse begleiten (wollen) und sich dabei als Ermöglichende und Forschende verstehen.
Die Schreibgruppenpädagogik wird in sieben Kapiteln dargestellt:

  • Geschichte des Schreibens in Gruppen
  • das System Gruppe: Gruppenpädagogik und Gruppendynamik
  • das System Schreiben: Schreibprozess, -strategien und -kompetenzen
  • das System Didaktik für (kreative) Schreibgruppen
  • Anleitung zur Entwicklung von Schreibgruppenkonzepten
  • zehn durchdachte und erprobte Schreibgruppenkonzepte
  • Übungen- und Notfallkoffer: für Anfang und Ende, Feedback, Schreibprobleme und Gruppenkrisen


5. September 2016

Kühlschrankpoesie

Wenn mir nichts mehr einfällt, ...

... gehe ich an meine Magnetwand und greife Wörter heraus. Irgendetwas wird es immer. Und irgendwie hat es immer mit mir jetzt und hier zu tun oder mit draußen oder mit dir. Die Kühlschrankpoesie gibt es in mehreren Ausführungen – die Wört kleben natürlich nur an den nicht verkleideten Kühlschränken. In meiner Werkstatt gibt es eine Magnetwand, falls einer/m Schreibwerkstattteilnehmer/in nicht mehr einfällt ... Ein Beispiel von mir von Mittwoch, als ich genug hatte vom Aufräumen und Semesterplanen.


29. August 2016

Drei Bücher

Gelesen in den Sommerferien

Den Wälzer, der mich nicht begeistert und von dem ich doch nicht lassen kann, weil ich natürlich wissen will, wie sie sich entscheiden, wie sie die auseinanderdriftenden Lebenslinien laufen, habe ich nicht mitgenommen: Bodo Kirchoffs Die Liebe in groben Zügen. Jetzt bin ich wieder zuhause und kaue mich zehnseitenweise wie vorher langsam gen Ende.
Mitgenommen und in atemlosen Lesemarathons verschlungen habe ich: Fegefeuer von Sofi Oksanen, Die Liebesgeschichtenerzählerin von Friedrich Christian Delius und Außer und spricht niemand über uns von Wilhelm Genazino. So verschieden sie sind, so sehr ähneln sie sich doch in vielerlei Hinsicht. Sprachlich sind sie überzeugend, inhaltlich fesselnd und universell sowieso (Oksanen schreibt von Verstrickungen im nach-sowjetischen Estland, Delius vom Versuch, die Entscheidungen des Vaters im ersten Weltkrieg und in Nazi-Deutschland zu verstehen, Genazino von einem, der im Berlin des 21. Jahrhunderts ein unangedocktes Leben versucht). Was sie für mich aber besonders macht und wo es dann auch die o. g. Verbindung gibt, ist die für mich so überraschend ähnliche Botschaft: Es gibt kein richtiges Leben (nicht nur nicht im falschen); es gibt nur ein mehr oder weniger mutig und ermächtigend gestaltetes in einer bestimmten gesellschaftlichen Situation, in der man sich entscheidet, etwas zu tun oder etwas zu lassen – oder darüber nicht zum Handeln zu kommen, dass man sich nicht von den Schwingen der Frage heruntertraut, die da heißt: Wie geht das richtige Leben? Wenn man sich herunterstürzt und sich entscheidet, dann kann es sein, dass man sich für das Falsche entscheidet oder für etwas, das anachronistisch ist oder vollkommen einsam macht, die Gefahr besteht immer. Aber oben zu bleiben, ist auch keine Lösung. Es ist dieser Zusammenklang der drei, der mich wieder einmal hat spüren lassen, warum ich lese. Nicht zur Ablenkung, nicht zum Abtauchen, nicht zur Entspannung (na ja, auch) – sondern, weil ich immer noch versuche, das richtige Leben zu leben, von diesem Suchweg nicht lassen kann, obwohl er sich ,irgendwie’ nicht richtig anfühlt (und nicht gut) ... Ich werde das Gelesene ein bisschen sacken lassen ... Ach ja, im Rügener Windland gewandert und in der Ostsee geschwommen habe ich auch.


16. Mai 2016

konstELLAtionen

Erzählung zu neunt

Es ist Montag, neun Frauen sitzen, den Kopf geneigt, den Stift über das Papier laufen lassend, am großen Tisch in der Schreibwerkstatt. Jede schreibt einen Text, einen aus ihrem eigenen Innern heraus, jede über sich, über ihre Sicht auf die Welt, für sich. So ist das meistens. Im Herbst 2015 war es zeitweise anders. Die Montags­schreib­werkstatt schrieb eine Erzählung. Alle schrieben an einer Erzählung, schrieben eine Gruppenerzählung. Wie das geht? Ohne dass neun Stile sich ,beißen’?
Zuerst entwickelte jede eine Figur, fertigte einen umfangreichen Steckbrief. Nach der Lektüre der Steckbriefe standen uns neun Figuren lebhaft vor Augen. Aus diesen neun wählten wir eine Figur aus, die den meisten von uns am sympathischsten und am geeignetsten zum Ausgestalten einer Erzählung schien, diese wurde die Hauptfigur für unsere gemeinsame Erzählung: Ella.
Wir einigten uns außerdem darauf, dass die Erzählung in Kassel und in der Gegenwart (2015/2016) spielen sollte. Und dann schrieb eine das erste Kapitel, zuhause, das war im September.
Beim nächsten Schreibwerkstatttreffen las sie den Anfang vor. Wir diskutierten, ob wir uns ,die Szene’ so vorgestellt hatten, ob eine Problematik, ein Konflikt, eine Aufgabe für Ella angelegt war, ob uns etwas unlogisch, übertrieben, verzichtbar erschien. Und dann nahm eine Andere die Erzählung mit nach Hause, um das zweite Kapitel zu schreiben.
Beim nächsten Schreibwerkstatttreffen stellten wir wieder die gleichen Fragen an den Text, außerdem noch die Frage, ob ein Stilbruch feststellbar sei – denn am Ende sollte die Erzählung ja wie aus einem Guss wirken.
Bis zum Kursende im Mai waren neun Kapitel geschrieben – doch es fehlte der Schluss. Jede hatte eine andere Vorstellung davon, wie die Erzählung enden, wie Ellas Geschichte zu einem Ende geführt werden könnte. So einigten wir uns darauf, dass jede, die wollte, einen Schluss schreiben konnte. Also gibt es nun eine Erzählung über Ella, ihre Freundinnen Romy, Luise, Katja und Helga, Frau Schulz und Kalle und einige weitere Randfiguren.
Jetzt ist die Erzählung erschienen. Die Verfasserinnen wünschen, dass das Lesen Genuss bringt und dass die Erzählung ein Sich-Spiegeln ermöglicht.

Die Verfasserinnen (von links nach rechts): Kirsten Alers, Christa Grill, Emmi Poguntke, Christel Högemann-Lohse, Doris Goede, Sabine Wölm, Waltraud Schade, Nicole Ohm-Hansen, Petra Meder.

konstELLAtionen kann über Wortwechsel für 6 Euro (ggfs. plus Porto) bezogen werden.


18. April 2016

FischWolfVogelEidechse

Ein Märchen – nicht nur für Kinder

Ich empfehle zu lesen:
Fisch, Wolf, Vogel und Eidechse begeben sich auf eine lange Reise, um das Schöne zu suchen – um unbewusst die Antwort nach dem Sinn des eigenen Seins zu finden. Eine Geschichte von Freiheit und Sehnsucht, von den kleinen Dingen, die zu Großem werden, und darüber, dass wir vergessen, über diese zu staunen. Eine Geschichte für kleine und große Menschen (ab 5), die sich erfreuen können an der fantasievollen märchenhaften Erzählweise und an den farbigen Aquarellen und Zeichnungen, die mehr sind als einfache Illustrationen des Erzählten.
Die Autorin und Illustratorin Yara Leonie Semmler (27) ist Diplom-Designerin (Kommunikations­design, Hochschule Darmstadt) und Mitinhaberin des Studios So in Leipzig. Sie hat das bekannte Märchen von den Bremer Stadtmusikanten adaptiert, aber keineswegs eine einfache Kopie angefertigt. Die vier Elemente Wasser, Erde, Luft und Feuer verkörpern sich in den Saibling, Timberwolf, Rotmilan und Mauereidechse ebenso, wie die Erzählung von den Tieren, die zu Gefährten werden, soziologische und ökologische Fragen berührt.
Ich habe das Buch sehr gern lektoriert und verlegt, nicht zuletzt, weil es das Ergebnis eines langen kreativen Prozesses ist, der von Versuch und Irrtum, von Mut und Kooperation zeugt.

Yara Leonie Semmler
FischWolfVogelEidechse
Verlag Wortwechsel
ISBN 978-3-935663-29-8
13,90 Euro


21. März 2016

Ins neue Sonnenjahr

mit einer erstaunlichen Erkenntnis?

„Niemand kann dir, ohne deine Zustimmung, das Gefühl geben, minderwertig zu sein.“ (Eleanor Roosevelt)


29. Februar 2016

Schichtungen

Versuch, ein Thema sprachlich zu fassen

Seit einiger Zeit versuche ich, die Gleichzeitigkeit meines Luxuslebens und des Lebens der Anderen (derer auf der Flucht, im Krieg, in Diktaturen usw. usf.) zu fassen. Bisher ist mir kein Text gelungen. Nur diese Arbeit, die entstand nach einer Woche Kreativem Schreiben Sylt, in der das Privilegiert-Sein noch deutlicher zum Vorschein trat als zuhause, zu der auch die Präsenz des Meeres beitrug: das mich zu philosophischen Traktaten auf Papier bringt und anderswo Menschen verschluckt und tot wieder ausspuckt (und da ist sie wieder, die Sprachlosigkeit, die mich dann auch noch manchmal textlich dazu führt, dass ich das Meer als böses Ungeheuer personifiziere ...).


1. Februar 2016

Auf dem Weg zum Projekt

SWOT-Analyse nach Gerd Bräuer

Schreiben, um sich zu entlasten, schreiben, um etwas zu verarbeiten, zu bewahren, um zu denken, um zu kommunizieren. Schreiben hat viele Funktionen. Eine ist die der Selbst­reflexion. Reflexive Praxis ist eine im Prinzip für alle Berufsfelder nützliche Tätigkeit – auch wenn man sonst nicht so gern zu Stift greift.
Vor ein paar Jahren lernte ich in einer Weiterbildung von Gerd Bräuer (Schreib­zentrum PH Freiburg) in ,geballter’ Form etwas über das Schreiben als reflexive Praxis – und wende die Methoden seither sehr eifrig an.

Eine Methode möchte ich hier vorstellen, die ganz einfach daher­kommt und nach meiner Erfahrung extrem wirkungsvoll ist: die SWOT-Analyse. Sie haben ein Projekt, das Sie realisieren möchten, ob es sich im ein Schreibprojekt handelt oder eines, das mit Text gar nichts zu tun hat. An dieses Projekt stellen Sie vier Fragen, entsprechend der SWOT-Analyse, deren Akronym für Strength, Weak­nesses, Opportunities und Threats steht:
S – Strength: Welche sind die Stärken des Projekts?
W – Weaknesses: Welche Schwächen und Grenzen hat mein Projekt?
O - Opportunities: Welche hilfreichen äußeren Umstände gibt es?
T - Threats: Welche gefährdenden äußeren Umstände vermute ich?

Sie machen einfach vier Listen. Und vielleicht bitten Sie auch andere Menschen, Ihr Projekt mit Hilfe der SWOT-Analyse zu betrachten.


25. Januar 2016

2. Kasseler Poets’ Day

Achtstündiger Lesemarathon im autorencafé

AutorInnen aus der Region Kassel treffen sich am 31. Januar zum 2. Kasseler Poets’ Day im autorencafé der Werkstatt Kassel. Während des achtstündigen Lesemarathons hat jede/r Lesende 15 Minuten zum Vortrag eigener Texte – veröffentlicht oder aus der Schublade. Kommen und Gehen ist Lesenden und interessierten Zuhörenden zwischen 12 und 20 Uhr jederzeit möglich.
Der ausrichtende Verein Nordhessischer Autorenpreis e.V. fördert mit dem Lesemarathon die literarischen Kapazitäten der Region, die Menschen hinter den Texten werden lebendig, die AutorInnen können untereinander und mit ihrem Publikum in Kontakt kommen.
Es lesen: Ria Ahrend, Ina Berninger, Manfred G. Burgheim, Petra Dippel, Marie-Luise Erner, Elisabeth Gessner, Roland Goldack, Jürgen Helm, Hans Horn, Andreas Knierim, Michael Knoth, Horst Paul Kuhley, Waltraut Martens, Jürgen Pasche, Brigitte Petri, Daniela Rieß, Isa Rühling, Rainald Siemon, Edith Speck, Helmut Wetzel, Anette Wicke, Ulrich Wicke, Erika Wiemer.
Für Fingerfood und Getränke sorgt der Vorstand des Autorenpreises (Carmen Weidemann, Jana Ißleib, Kirsten Alers). Der Eintritt ist frei.

31. Januar 2016, 12 bis 20 Uhr
autorencafé Werkstatt Kassel, Friedrich-Ebert-Straße 175


14. Dezember 2015

Jungs schreiben ...

... keine Gedichte, außer ...

Es heißt Der beste Hund der Welt, es ist vergriffen, es ist eine Art Goldschatz. Sharon Creech beginnt die Geschichte mit folgenden Wörtern auf der ersten Seite:
„JACK
Raum 105 – Miss Stretchberry
13. September
Ich will nicht.
Jungs schreiben
keine Gedichte.
Mädchen schon.“

Das Buch, das ich Lehrpersonen und Erziehungsberechtigten wärmstens ans Herz legen möchte, handelt von einem kleinen Jungen, der in der Schule – angeregt durch das Gedicht Die rote Schubkarre von William Carlos Williams – ein eigenes Gedicht schreiben soll. Handelt vom leeren Kopf und wie ein Hund dort hineingerät und einer Begegnung mit einem Dichtrer und einem Liebesgedicht an Sky, am Ende.


30. November 2015

Ulla Hahn

Zehn Gebote des Schreibens

  1. Fang an! Nur Mut!
  2. Mach weiter! Keine Angst!
  3. Bleib dran! (Ablenkung verboten) Konzentration!
  4. Wenn’s nicht recht weiter geht, tu so als ob.
  5. Weg mit der Schere im Kopf. Nur Mut!
  6. Schäm dich für nichts – auf dem Papier. Keine Angst!
  7. Jeden Einfall ernst nehmen, sofort notieren, egal wo und wann (Papier und Stift immer griffbereit) – Fleiß!
  8. Auch vorm Papierkorb (dinglich oder virtuell): Keine Angst! Kunst des Schreibens ist Kunst des Streichens.
  9. Und immer wieder: Lesen, lesen, lesen. (Am besten in einer anderen Sprache.)
  10. Was du schon weißt, davon musst du nicht schreiben. – Neugier!
  11. (Optional): Um Regen beten für die Saat. Demut!

Oder kurz und knapp: In der Oper Die Meistersinger von Nürnberg fragt Stolzing, der gerne Dichter werden möchte, den erfahrenen Hans Sachs: „Wie fang’ ich nach der Regel an?“ Hans Sachs: „Ihr stellt sie selbst und folgt ihr dann.“
Sich immer wieder selbst neue Regeln zu stellen (und zu brechen), sich immer wieder selbst zu überraschen: Das ist das erste und einzige Gebot.
(aus: Zehn Gebote des Schreibens, DVA, München 2011)

Das hier ist ein Buchtipp und eine Schreibanregung. Im auszugsweise zitierten Buch verraten 42 AutorInnen von Margaret Atwood bis Juli Zeh ihre zehn Gebote des Schreibens. Sehr anregend, sehr nach-denkenswert. Und wie lauten Ihre Gebote des Schreibens?


19. Oktober 2015

Noch Plätze frei

Regionaltagung zum Kreativen Schreiben

Zusammen mit Prof. Dr. Norbert Kruse und Klaus-Peter Lorenz lade ich ein zur Regionaltagung Nordhessen/Südniedersachen: Lehrende und Veranstalter aus den Universitäten, der Erwachsenenbildung und freie Anbieter in den Domänen des Kreativen Schreibens. Sie findet am 17. November 2015 von 12 bis 18 Uhr in Kaufungen statt.

  • Schreibaufgaben und das Kreative Schreiben
    (Impulsvortrag von Prof. Dr. Norbert Kruse, Deutschdidaktiker an der Universität Kassel)
  • Textsteigerung durch Textberührungen – Feedback in der Schreibgruppenarbeit
    (Impulsvortrag von Kirsten Alers, Schreibpädagogin)
  • Themen für die Kleingruppenarbeit im World Café:
    regionale Kooperationen; Schreib­strategien und Schreibstörungen; Herausforderungen durch ,schwierige‘ Teilnehmende; Korres­pon­den­zen zwischen Gegenwartsliteratur, Lesen und Schreiben.
  • 19 Uhr Lesung und Werkstattgespräch mit Regina Scheer: Machandel
Anmeldungerbeten bis zum 29. Oktober 2015 unter
www.vhs-region-kassel.de / Tel. (05 61) 1003 1681 / Kursnummer P 2116
Kosten27 Euro (Nachlass aus sozialem Grund wird gewährt)
Verantwortlich   Dr. Klaus-Peter Lorenz, Tel. (05 61) 10 03-16 96

13. September 2015

2. Kasseler Schreibcafé

Freude am Schreiben

Biografisches und kreatives Schreiben ... Wie geht das? Anhand unterschiedlicher Schreibübungen geht es unter Leitung von meiner Kasseler Kollegin Patricia Sheldon auf Spurensuche. Werden Sie zum Schatzsucher oder zur Schatzsucherin und kommen Sie ins Schreibcafé des Netzwerks Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen! Einen Abend können Sie hineinschnuppern in das, was kreatives und biografisches Schreiben sein kann. Es erwarten Sie kleine Schreibexperimente, der eigene Faden, der schreibend aufgegriffen sein will, und ein Kurzvortrag. Schreiberfahrung wird nicht vorausgesetzt! Im Zentrum des Schreibcafés steht das praktische Tun. Was Sie brauchen ist: Lust am Schreiben und die Bereitschaft in der Gruppe zu schreiben. Das Vorlesen der Texte ist freiwillig. Bitte, bringen Sie Papier und Stifte mit.

  • Termin: Donnerstag, 17. September 2015, 19 bis ca. 21.30 Uhr
    Ort: Café am Bebelplatz, Friedrich-Ebert-Straße, Kassel, Tram 4 + 8
    Eintritt: 5 Euro + 1 Getränk im Café

3. August 2015

Jetzt subskribieren!

Anthologie Himmel.Hölle.Heimatkunde.

Himmel + Hölle + Heimatkunde – die wesentlichen Themen des Menschseins. Die Texte in der 5. Anthologie mit nordhessischer Gegenwartsliteratur erzählen von Höllen, von düsteren oder Pseudo-Himmeln, von einem Trotzdem, vom Ringen um einen (inneren) Ort, der, wenn nicht Heimat, so zumindest ,mein’ genannt werden kann. Die Geschichten, Gedichte und experimentellen Texte zeigen Verortungsversuche im Dazwischen, berichten von Götterspeise und Satansbraten, von den Anderen, die uns Hölle sind, von Nachbarn und weiteren Zumutungen, erzählen von Liebe und anderen Umständen, von Wanderungen durch Hessisch Sibirien und von Versuchen, Sprache zu finden oder irgend etwas. Die Anthologie enthält Prosa, Lyrik und Experimentelles – 47 ausgewählte Texte aus dem 5. Literaturwettbewerb zum Nordhessischen Autorenpreis (2014), an dem sich 234 Schreibende beteiligten. Außergewöhnlich ist die Mischung von Genres und Generationen, von professionell Schreibenden und Laien. Nordhessische Gegenwartsliteratur berührt, regt auf und an, reflektiert und antizipiert, lässt mitgehen und Nein sagen und Ja sagen. Wie Nordhessen intim, Salto mortale, klartext und Planet Kassel, die Bände zu den ersten vier Nordhessischen Autorenpreisen, ist auch Himmel.Hölle.Heimatkunde. eine Art modernes Heimatbuch ohne Heimattümelei.


22. Juni 2015

Von Ich und Welt

Schreiben nah am Leben

Jugendliche und junge Erwachsene (ab 16 Jahre) lädt das Literaturbüro Kassel ein, in einem Schreibworkshop über sich und die Welt zu reflektieren und über die Zumutungen des Lebens autobiografisch und fiktiv zu schreiben. Sie können sich am Erzählen und am Dichten versuchen und sich inspirieren lassen von dem, was Leben und Erfahrung zu bieten haben. Im Austausch in einer Gruppe Gleichgesinnter lässt sich so ein Zugang zur eigenen Schreibstimme finden. Es wird geschrieben und vorgelesen, fantasiert und gelacht. Außerdem gebe ich Tipps zu Sprache und Stil.

  • Samstag, 11. Juli 2015, 10 bis 17 Uhr
    Literaturbüro im Kunsttempel Kassel
    Gebühr 10/5 Euro; Anmeldeschluss 1. Juli.

Der Schreibworkshop findet statt im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kleine Schritte. Große Sprünge! Literatur als Experiment und Herausforderung des Literaturbüros Nordhessen von Mai bis Juli 2015. Mehr auf: Literaturbüro Nordhessen.


21. April 2015

1. Kasseler Schreibcafé

Vom Wort zum Satz: Kreative Schreibexperimente

Kreatives Schreiben? Sie wollten immer schon mal wissen, was sich hinter dem schillernden Begriff verbirgt? Und sie wollten immer schon mal ausprobieren, ob Sie Ihre Gedanken und Gefühle, all die Geschichten und Gedichte, die in Ihnen schlummern, auch zu Papier bringen können? Dann kommen Sie ins Schreibcafé. Einen Abend können Sie hineinschnuppern in das, was Kreatives Schreiben sein kann.
Es erwarten Sie kleine Schreibexperimente mit Wörtern, Ideen, wie Sätze aufs Papier kommen können und ein Kurzvortrag über Kreatives Schreiben. Im Zentrum des Schreibcafés steht das praktische Tun. Bitte, bringen Sie Papier und Stifte mit. Das Vorlesen der Texte ist freiwillig.

Veranstalter: Netzwerk Kreatives Schreiben Nordhessen/Südniedersachsen
Leitung: Kirsten Alers (Schreibpädagogin)
Termin: Donnerstag, 23. April 2015
Zeit: 19 bis ca. 21.30 Uhr
Ort: Café am Bebelplatz, Friedrich-Ebert-Straße, Kassel
Eintritt: 3 Euro + 1 Getränk im Café


31. März 2015

Blickwinkel Wasser

Ausstellung im Augustinum Kassel

Noch einmal und bis Mitte Mai können ca. 60 Schwarzweißfotos zum Thema Wasser betrachtet werden – dieses Mal im Augustinum Kassel. Mit 14 SchreibwerkstattteilnehmerInnen gab es 2014 eine Kooperation mit der Blickwinkel-Fotogruppe von Sabine Große. (Siehe auch Blog-Eintrag vom 9. Juli 2014.) Die Lesung zur Ausstellungseröffnung am 27. 3. vor etwa 100 Gästen war ein Genuss – wie gut alle gelesen haben. Und wie gut es ist, die Texte noch einmal und immer wieder von den AutorInnen in solch einem Rahmen zu HÖREN! Nun, dieses Erlebnis ist nicht zu konservieren. In einer Publikation sind zahlreiche Texte und Fotos veröffentlicht, sie ist über mich zu bestellen. Und einige wenige Texte, die visuelle Poesie genannt werden können, sind in der Ausstellung zu sehen, z. B. dieses von Rita Krause.

Ausstellung Blickwinkel Wasser
bis Mitte Mai im Augustinum
Im Druseltal 12, Kassel-Wilhelmshöhe
Di–Sa 12–19 Uhr, So 10–19 Uhr


26. Januar 2015

Kreativität locken

Buch-Empfehlungen von meiner Kollegin Susanne Wetzel

Auf der Suche nach Impulsen, um inspirierende Übungen zu entwickeln, findet man immer wieder mal geniale Sachen ganz woanders als im Kreativen Schreiben verortet. Z. B. in Du bist ein Künstler von Nick Bantock. Er ist bildender Künstler und schreibt. Er ist ein Meister der Collagetechnik und Buch ist eine inspirierende Reise zur Kreativität und zu sich selbst. In diesem Buch stellt er 49 Übungen vor, um die eigene Kreativität herauszufordern. Collagierend, schreibend, malend. Macht super Spaß, damit zu arbeiten.
Oder von Austin Kleon: Newspaper Blackout. Austin Kleon, der als Kreativ-Guru in den USA gefeiert wird, hat das Genre der Newspaper Blackout Poems erfunden. Creative blackout meint Kreativitätsblockade. Das erste Blackout-Gedicht entstand, als Kleon Wörter für eine Geschichte suchte und einfach auf einer Zeitungsseite alle schwärzte, die er nicht gebrauchen konnte. Oder vom selben Autor Alles nur geklaut. Klauen und neu mixen und zur eigenen Schöpfung kommen? Es macht Spaß, das auch optisch sehr ansprechende Büchlein zu lesen, von vorne oder ab Seite 15: „Nichts ist neu. [...] Schon in der Bibel steht: ,Es gibt nichts Neues unter der Sonne.’ (Prediger 1,9).“

Nick Bantock: Du bist ein Künstler. Eine inspirierende Reise zur Kreativität und zu sich selbst, Allegria 2014
Austin Kleon: Newspaper Blackout, Harper Perennial 2010
Austin Kleon: Alles nur geklaut. 10 Wege zum kreativen Durchbruch, Mosaik Verlag 2013


8. Dezember 2014

Schreibwettbewerb vom LEA-Leseklub

Die Kunst der Einfachheit

In der letzten 3+-Schreibworkshopstunde, in der ich mich von meiner Kollegin Carmen Weidemann inspirieren lassen durfte, erfuhr ich von einem Schreibwettbewerb von KuBus e.V. und dem Literaturhaus Köln, mit dem sie unter dem Titel Die Kunst der Einfachheit dazu aufruft, Kurzgeschichten, Gedichte oder Essays in einer „einfach verständlichen, aber erwachsenengerechten Sprache“ zu verfassen, sodass Menschen mit Behinderung sie verstehen können und gern lesen. Wir versuchten uns an dieser Aufgabe – und stellten fest, dass es keineswegs einfach ist.
Es entwickelte sich eine Debatte darüber, ob Menschen mit einer geistigen Behinderung Metaphern nicht oder gerade verstehen. „Die Dunkelheit überschwemmte mein Herz.“ Ist da kein oder ein selbstverständlicheres, intuitiveres Bildverstehen? Wir wussten es nicht, konnten keine Einigkeit erzielen. Und was ist eine einfach verständliche, aber erwachsenengerechte Sprache? Oder geht es vielmehr um ,Einfache Sprache’ (vgl. Netzwerk People First) und erwachsenengerechte Inhalte? Und nicht zu vergessen: Bin ich geistig behindert, wenn ich keine Nebensatzkonstruktionen verstehe, oder bereits, wenn ich nicht weiß, was Interdependenz bedeutet?
Ob KuBus oder LEA darauf eine Antwort wissen, kann ich nicht sagen, aber vielleicht lässt sich eine Annäherung schreibend ausloten.
Informationen zum Schreibwettbewerb und zum LEA-Leseklub unter KuBus|LEA-Leseklub.


22. September 2014

Wortwechsel

In guter Gesellschaft

Als ich Mitte Juli in Berlin war, fand ich in einem Buchladen mit modernem Antiquariat sowohl ein Geburtstagsgeschenk für meinen Bruder als auch ein Buch mit dem Titel Wortwechsel (Frauenoffensive, München 2006). Das ich natürlich kaufte. Nicht zuletzt, weil ich die Autorin (Luisa Francia) schätze, aber ganz zuvorderst natürlich wegen des Titels: Wortwechsel. Im Klappentext ist zu lesen: „Wortwechsel geht der Sprache auf den Grund, zeigt ihre Bedeutung im Alltag und in der Tradition der Magie, die sich der Worte bedient, um zu rufen, zu bannen, zu binden, zu lösen und zu wandeln.“

Im zweiten Kapitel gibt es – das entdeckte ich erst nach dem Kauf – u. a. Spiele mit Worten. Bekannte Assoziations(schreib)spiele, wie z. B. das Bilden von Anagrammen aus dem eigenen Namen, setzt Luisa Francia hier in einen neuen Zusammenhang, in dem sie eine andere, vielleicht stärkere Kraft entfalten, als wenn man sie ,nur’ als niedrigschwellige Warming-ups benutzt.


1. September 2014

„Wenn Schreiblehrer schreiben lernen ...“

Segeberger Kreis in TextArt

Es ist ja immer wieder interessant zu beobachten, wie Neulinge die Tagungen des Segeberger Kreises erleben. Bei der Märztagung in Meißen war erstmals der Autor und Journalist Oliver Buslau zu Gast, der über seine Erfahrungen in einem Artikel in seiner Zeitschrift TextArt – Magazin für Kreatives Schreiben berichtet. Die Tagung stand unter dem Thema „Schreiben21 – Was ist zeitgemäß?“. Oliver Buslau arbeitete in der Gruppe „Postmodernes Schreiben“ mit. Über die Schilderung der Gruppenarbeit hinaus ist der Artikel mit dem Titel Wenn Schreiblehrer schreiben lernen … aber auch ein großes Porträt des Segeberger Kreises, in dem die Zielsetzung des Kreises und die Tagungs-Rituale von der Gruppen­themen­findung bis zum fröhlichen Beisammensein nicht zu kurz kommen. Der Beitrag ist Teil der aktuellen TextArt-Septemberausgabe (TextArt Magazin).

Der Vorstand des Segeberger Kreises, der als eine Art Berufsverband für SchreibpädagogInnen und ‑didaktikerInnen verstanden werden kann: vorn von links: Friederike Kohn, Ingrid von Engelhardt; Mitte von links: Kirsten Alers, Karl Günter Rammoser, Norbert Kruse; hinten: Hans Arnold Rau. Weitere Informationen: Segeberger Kreis


9. Juli 2014

Blickwinkel Wasser – ein Foto-Text-Projekt

Ausstellung und Lesung im Café Buch-Oase

Wasser – Quelle, Lebensraum, Nahrung, Energie, Bedrohung. Wasser – Fließen, Verdampfen, Erstarren. Wasser – was für ein Thema! Seit Sommer 2013 arbeitet eine Gruppe von Fotografierenden unter Leitung der Kaufunger Künstlerin Sabine Große zum Thema „Blickwinkel Wasser“. Anfang 2014 kamen noch einmal neue Aspekte hinzu durch die Kooperation mit der Schreibwerkstatt Kaufungen. Angeleitet durch mich texteten Schreibende zu ausgesuchten Fotos, sie eröffneten durch ihre Wassertexte aber auch für die Fotografierenden neue Blickwinkel. Es entstanden fotografische und textliche Eindrücke von Fluss- und Bachläufen, vom Wasser als Energiespender, als Ort der Erholung und Faszination, als fantasieanregendes sowie bedrohliches und bedrohtes Element. Die rund 60 fotografischen Umsetzungen, die einen Spannungsbogen von dokumentarischen bis zu experimentell-abstrahierenden Positionen zeigen, erfolgten als digitale Fine-Art-Prints in Schwarzweiß. Die Fotos werden ergänzt durch Wort-Bild-Kompositionen. Und in etwa 40 Prosa- und Lyriktexten manifestiert sich tiefes biografisches und fiktionales Eintauchen in die Mikro- und Makrowelt unserer Lebensgrundlage. Am 17. Juli laden die beiden Initiatorinnen und 26 Kursteilnehmende zur Ausstellungseröffnung mit Lesung ins Kasseler Café Buch-Oase ein.

Blickwinkel Wasser  |  Ausstellungseröffnung mit Lesung
17. Juli 2014, 19 Uhr, Café Buch-Oase, Germaniastraße 14, Kassel
zu sehen bis 7. September 2014, Di–Sa 12–19 Uhr, So 10–19 Uhr


29. Juni 2014

Flow

Eine Entdeckung

Nicht der Flow an und für sich ist keine neue Entdeckung. Beim Schreiben, speziell beim Automatischen Schreiben (écriture automatique) verspüre ich ihn, ich gerate schnell in einen rauschartigen Zustand (meine ehemaligen Schreibschüler im Jugenddrogenprojekt Willings­hausen-Leimbach haben mich immer gefragt, was ich denn genommen hätte, wenn sie meine im Flow geschriebenen Texte zu hören bekamen), aber dazu mehr an anderer Stelle. Ich entdeckte letzten Samstag in einer Berliner Bahnhofsbuchhandlung die Zeitschrift Flow.
Flow – nun ja, Verlag Gruner+Jahr: ein bisschen Brigitte, ein bisschen schöner wohnen, ein bisschen Esoterik, ein bisschen Lifestyle, das alles durchaus sympathisch aufgemacht für die Generation Y – und darin (Nummer 3/2014) ein herausnehmbares Schreibheft mit 30 Fragen für „30 Tage schreiben, denken und zu sich finden“, denn, so der Autor und Mottogeber des einleitenden Textes Rutger Kopland (1934–2012): „Schreiben heißt finden, was in dir lebt.“
Und da ich alles erst einmal wertschätze, was Menschen ins Schreiben, ins sich ausdrückende, sich reflektierende, denkende und spinnende Schreiben bringt, empfehle ich also diese Ausgabe von Flow.


12. Juni 2014

(Wieder-)Erkennen beim Lesen

Die Eleganz des Igels

Dieses Buch empfahlen mir schon Imke und Veronika und nun las ich es. Der Vergleich mit Harold and Maud – nun gut, ein Werbetrick. Paloma, ein zwölfjähriges, hochintelligentes Mädchen aus einer wohlhabenden Familie, das sich an ihrem nächsten Geburtstag das Leben nehmen will, und die sich heimlich seit Jahrzehnten selbst bildende Concierge Renée im gleichen Haus in der Rue de Grenelle 7 in Paris schreiben Tagebuch. Aus ihren Tagebucheinträgen besteht das Buch. Erst auf den letzten Seiten kommt es zu einer (erkennenden) Begegnung der beiden. Ich zitiere jeweils eine Passage, die etwas mit Schreiben bzw. Sprache zu tun haben:

Renée: „So ist es auch mit gar manchen glücklichen Momenten unseres Lebens. Von der Las der Entscheidung und der Absicht befreit, unterwegs auf unseren inneren Meeren, wohnen wir unseren verschiedenen Bewegungen bei wie den Verrichtungen eines anderen und bewundern doch deren unbeabsichtigte Vortrefflichkeit. Welchen anderen Grund könnte ich haben, dies hier zu schreiben, dieses lächerliche Tagebuch einer alternden Concierge, wenn das Schreiben nicht selbst etwas von der Kunst des Mähens hätte? Wenn die Zeilen zu ihren eigenen Demiurgen werden, wenn ich wie durch wunderbaren Zufall miterlebe, wie auf dem Papier Sätze entstehen, die sich meinem Willen entziehen und, indem sie ohne mein Zutun auf dem Blatt Niederschlag finden, mich lehren, was ich will, ohne dass ich wusste oder glaubte, es zu wollen, genieße ich diese schmerzlose Geburt, diese nicht bewusst herbeigeführte Selbstverständlichkeit, genieße ich es mit dem Glück aufrichtigen Staunens, ohne Anstrengung und ohne Gewissheit einer Feder zu folgen, die mich führt und mich trägt.“ (S. 134 f.)

Paloma: „Ich persönlich glaube, dass die Grammatik einen Zugang zur Schönheit bietet. Wenn man spricht, wenn man schreibt oder wenn man liest, spürt man genau, ob man einen schönen Satz formuliert hat oder ob man dabei ist, einen schönen Satz zu lesen. Wir sind fähig, eine schöne Wendung oder einen schönen Stil zu erkennen. Doch wenn man sich mit Grammatik befasst, hat man Zugang zu einer anderen Dimension der Schönheit der Sprache. Sich mit Grammatik zu befassen, das bedeutet, die Sprache zu enthülsen, zu schauen, wie sie gemacht ist, sie gewissermaßen ganz nackt zu sehen. Und genau das ist das Wunderbare, denn man sagt sich: ,Wie gut sie gemacht ist, wie gut ist sie gebaut!’, ,Wie solid, sinnig, reich und subtil sie ist!’. Nur schon zu wissen, dass es mehrere Wortarten gibt und dass man sie kennen muss, um daraus auf ihren Gebrauch und ihre mögliche Vereinbarkeit zu schließen, entzückt mich.“ (S. 174)

Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels, Paris 2006, München 2009/2010


11. Juni 2014

Museum der Sprachen der Welt

Berliner Initiative organisiert Lesung mit Claus Mischon

Claus Mischon, mein ehemaliger Kollege an der Alice-Salomon-Hochschule (und weiterhin engagierter Geschäftsführer des Instituts für Kreatives Schreiben in Berlin) ist Pfälzer. Das hört man – und das will er hören lassen. Man kann ihm zuhören:
„Das Pfälzische: Phonetik, Grammatik, ,fremde’ Einflüsse, Mundartdichtung“ 9. Salon der Sprachen in der Galerie Wedding am Dienstag, 8. Juli 2014, 19 Uhr, Altes Rathaus Wedding, Müllerstraße 146, Erdgeschoss, U-Bhf. Leopoldplatz Organisiert wird die Veranstaltung von der mir bis dato unbekannten und mich überaus neugierig machenden Initiative für ein Museum der Sprachen der Welt (Prof. Dr. Gerd Koch, Prof. Dr. Jürgen Nowak, Dipl.-Kaufmann Günter Thauer). Mehr unter Linguae Mundi.


26. Mai 2014

Filme – Liste 1

zum Thema Schreiben, Geschichten erfinden, Lesen

Eine kleine Auswahl von Filmen, in denen Bücher, Geschichten, Gedichte, Lesen, Erzählen und last but not least Schreiben eine Rolle spielen (ich freue mich über Ergänzungen):

  • Danny DeVito: Schmeiß die Mama aus dem Zug, 1987 (Eingangsszene: der Kampf des Autors mit dem ersten Satz)
  • Vadim Jendreyko: Die Frau mit den fünf Elefanten, 2009 (Dokumentarfilm über Svetlana Geier, die Dostojewskis Romane ins Deutsche übersetzt und u. a. dafür gesorgt hat, Schuld und Sühne in Verbrechen und Strafe umtituliert wurde)
  • Scott Kalvert: Jim Carroll – In den Straßen von New York, 1995 (weg von Drogen durch Schreiben, mit Leonardo DiCaprio)
  • Sydney Pollack: Jenseits von Afrika, 1985 (Meryl Streep als Karen Blixen erzählt mitreißend eine Geschichte, die sie aus dem Stegreif entwickelt)
  • Rob Reiner: Das Beste kommt zum Schluss, 2007 (ein Todkranker schreibt eine ,Löffelliste’, auf der steht, was er noch tun will, bevor er den Löffel abgibt, mit Morgan Freeman und Jack Nicholson)
  • Éric-Emmanuel Schmitt: Odette Toulemonde, 2007 (Lesen als Eskapismus aus dem Alltag)
  • John N. Smith: Dangerous Minds, 1995 (Lehrerin bringt vorwiegend schwarze Unterschicht-SchülerInnen über Song-Texte von Bob Dylan zur Auseinandersetzung mit Gedichten und sich selbst)
  • Gus van Sant: Forrester – Gefunden!, 2000 (alter schreibblockierter Schriftsteller, gespielt von Sean Connery, unterstützt jungen Schwarzen beim Schreiben)
  • Peter Weir: Club der toten Dichter, 1989 (Umgang mit dem Lesekanon)


24. Mai 2014

Bücher – Liste 1

zum Thema Schreiben, Schreibwerkstätten

Bücher, in denen Lesen eine Rolle spielt, gibt es zahlreiche. Die unendliche Geschichte (Michael Ende) und Das verborgene Wort (Ulla Hahn) seien hier als berühmte Beispiele genannt. Aber Bücher, in denen Schreiben, womöglich gar Kreatives Schreiben oder Schreibwerkstätten eine Rolle spielen, sind eher selten. In meinen Regalen stehen die folgenden (ich freue mich über weitere Tipps):

  • Sharon Creech: Der beste Hund der Welt, Frankfurt/Main 2003 (Tagebuch eines Jungen, der merkt, dass auch Jungs Gedichte schreiben können)
  • Susanne Diehm: Hannahs fabelhafte Welt des Kreativen Schreibens, Milow 2013 (Krimi und der Weg zum Schreiben)
  • Erin Gruwell & Freedom Writers: Freedom Writers, Berlin 2007 (eine Lehrerin in Long Beach bringt ihre vorwiegend schwarzen ,Risiko-SchülerInnen’ zur Auseinandersetzung mit ihrem Leben, u. a. indem sie sie das Tagebuch der Anne Frank lesen lässt; auch verfilmt mit Hilary Swank)
  • Wolfgang Herrndorf: Arbeit und Struktur, Berlin 2013 (Tagebuch parallel zum Sterben am Krebs, in dem auch das Schreiben an sich reflektiert wird; stellvertretend empfohlen für Schreibprozesse begleitende Tagebücher/Journale von SchriftstellerInnen)
  • Siri Hustvedt: Der Sommer ohne Männer, Reinbek 2009 (auf einer Ebene die Geschichte eines Sommerschreibkurses für Mädchen)
  • Agota Kristof: Das große Heft, Berlin 1987 (grausig emotionsloses Dokumentieren des Lebens durch zwei Jungen Mitte des 20. Jahrhunderts, Folgebände: Der Beweis; Die dritte Lüge)
  • Marlen Haushofer: Die Wand, Hildeheim 1968 (Schreiben, um das Letzter-Mensch-Sein zu verkraften; auch verfilmt mit Martina Gedeck)
  • Siegfried Lenz: Deutschstunde, Hamburg 1968 (ein Aufsatz als Strafarbeit wird zur Auseinandersetzung mit dem Leben während der NS-Zeit)
  • Henning Mankell: Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt, München 2006 (über das Schreiben von Memory-Books AIDS-kranker, sterbender Eltern in Uganda)
  • Antonio Skármeta: Der Aufsatz, Hamburg 2003 (Kinderbuch über die Schwierigkeit des Aufsatzschreibens in der Militärdiktatur in Chile)
  • Denis Thériault: Siebzehn Silben Ewigkeit, München 2011 (Liebesroman rund ums Haiku-Schreiben)
  • Jincy Willet: Die Dramaturgie des Todes, Reinbek 2009 (spannender Krimi mit vielschichtig aufgefächerten Schreibwerkstattstunden)

  • 5. Mai 2014

    Einzigartig in Deutschland

    Masterstudiengang „Biografisches und Kreatives Schreiben“

    Mittlerweile im achten Jahrgang bildet die Alice Salomon Hochschule (Berlin) als deutschlandweit einzige Hochschule SchreibpädagogInnen (M.A.) aus. Ich vertrete im Masterstudiengang „Biografisches und Kreatives Schreiben“ das Fach Schreibgruppen­pädagogik und Schreibgruppendynamik – und werbe an dieser Stelle gern für diesen großartigen, sich im ständigen Wandel befindenden Studiengang.
    Ich möchte bereits praktizierende SchreibpädagogInnen einladen, mit dem Gedanken zu spielen, ihre in der Praxis erworbenen Kenntnisse wissenschaftlich und selbstreflektierend zu untermauern. Und ich möchte diejenigen Menschen einladen, die eigene schreibkreative Erfahrungen haben und sich vorstellen können, das Instrumentarium des Kreativen Schreibens in ihrem Berufsfeld zu implementieren. Mehr in der folgenden Pressemitteilung.

    Pressemitteilung
    An der Alice Salomon Hochschule Berlin startet im Oktober 2014 nunmehr zum neunten Mal der berufsbegleitende Masterstudiengang „Biografisches und Kreatives Schreiben“ (M.A.). „Mit Methoden der Biografiearbeit und des kreativen Schreibens die eigene Arbeit zu bereichern oder aus dem Arbeitsalltag auszubrechen und etwas Anderes zu machen, motiviert viele unserer Studierenden für den Masterstudiengang“, so Prof. Dr. Ingrid Kollak, wissenschaftliche Leiterin des Studiengangs. Vier Präsenzwochenenden pro Semester werden mit Methoden des E-Learning kombiniert. Neben den beiden Studienbereichen Kreatives Schreiben mit Textimpulsen aus Lyrik und Prosa und Biografisches Schreiben mit authentischen und künstlerisch-ästhetischen Reflexionen über Lebensphasen und Lebenskrisen werden schreibpädagogische Fähigkeiten vermittelt und praktisch erprobt. Untersuchungen über die Wirkung kreativen Schreibens und die Arbeit in Schreibgruppen können im Rahmen der Masterarbeit angelegt werden.
    Weitere Informationen unter: www.ash-berlin.eu/bks
    Kontakt: Telefon (030) 992 45-426